MPIA-Wissenschaftler mit renommiertem Cozzarelli-Preis ausgezeichnet

3. Mai 2018
Am Wochenende hat die Nationale Akademie der Wissenschaften der USA in einer feierlichen Zeremonie den diesjährigen Cozzarelli-Preis verliehen. Zusammen mit ihren kanadischen Kollegen Ben Pearce und Ralph Pudritz wurden Dimitry Semenov und Thomas Henning vom Max Planck Institut für Astronomie (MPIA) für eine ihrer herausragenden Publikationen zur Erforschung der Ursprünge des Lebens ausgezeichnet, die 2017 im PNAS-Journal erschienen ist.

Seit dem Jahr 2005 vergibt die Nationale Akademie der Wissenschaften der USA (National Academy of Sciences of the United States of America) den Cozzarelli-Preis. Damit ehrt die Akademie herausragende und originelle Forschungspublikationen, die im Vorjahr im renommierten PNAS-Journal (Proceedings of the National Academy of Sciences, den Proceedings der Akademie) erschienen sind. PNAS wird seit 1915 herausgegeben und deckt mit den Bereichen Biologie, Physik und Sozialwissenschaften einen breiten Bereich der Spitzenforschung ab. Die Auszeichnung ist seit 2007 nach dem bekannten amerikanischen Biochemiker Nicholas Robert Cozzarelli (1938-2006) benannt, der zwischen 1995 und 2006 das Amt des Chefredakteurs innehatte. Der Preis wird jährlich von den Editoren vergeben. Basis für die Auswahl sind alle Publikationen  aus dem jeweiligen Vorjahr.

Am vergangenen Sonntag (29.04.2018) wurden nun Ben Pearce, Ralph Pudritz, Dimitry Semenov und Thomas Henning auf dem PNAS Editorial Board-Meeting in Washington DC in einer feierlichen Zeremonie für ihre Publikation Origin of the RNA world: The fate of nucleobases in warm little ponds (PNAS Oct 2017, 114 (43) 11327-11332) mit dem Cozzarelli-Preis für das Jahr 2017 ausgezeichnet.

Mit der Publikation, deren Titel ins Deutsche mit Ursprung der RNA-Welt: Das Schicksal der Nukleobasen in warmen kleinen Teichen übersetzt werden kann, überzeugten die Autoren das Preiskomittee.

Seit vielen Jahrzehnten ist es ein heißes Forschungsthema, zu ergründen, auf welche Weise vor etwa vier Milliarden Jahren die ersten Bausteine des Lebens - also Stoffe aus der organischen Chemie - auf der Erde in Erscheinung getreten sind. Wie konnten sogenannte Nukleobasen wie Adenin angereichert werden, welche die Basis für das erste Leben auf der Erde bildeten? In der Tat kann die Publikation der kanadischen und Heidelberger Autoren im Sinne der Preisvergabe als herausragend und originell zugleich bezeichnet werden, weil die Autoren einen äußerst interessanten und momentan noch eher außergewöhnlichen Ansatz zur Untersuchung  dieser Frage gewählt haben. So wählten sie als Quelle der Urbausteine kohlenstoffhaltige Meteorite und modellierten die Lebensdauer der Nukleobasen in kleinen warmen Süßwasserteichen auf vulkanischen Landmassen, in denen dann die biologische Evolution beginnen konnte.

Mit diesem Ansatz rütteln die Autoren jedoch an einer grundsätzlichen Denkweise, an einem Paradigma der Biologen, nämlich dass das Leben in den Meeren entstand und sich die Urbausteine durch Zufuhr von chemischer Energie entwickelten.

Modernen Astronomen mag dieser Ansatz hingegen durchaus naheliegend erscheinen, denn schon lange finden Astrophysiker komplexe organische Moleküle sogar in äußerst kalten, durch Strahlung bombardierten Wolken inmitten der Milchstraße und auch in anderen lebensfeindlichen Umgebungen im All. Und gerade in Meteoriten und Kometen finden sich zahlreiche organische Substanzen, die gerade diese Objekte bei den Astronomen als mögliche Lieferanten der Urbausteine des Lebens wahrscheinlich erscheinen lassen, denn die Erde war in ihrer Frühzeit einem Bombardement aus eben diesen Himmelskörpern ausgesetzt.

Die Arbeit von Pearce, Pudritz, Semenov und Henning dokumentiert den seit etwa 15 Jahren unaufhaltsamen Aufstieg dieses Arbeitsgebietes und der Astrochemie zu äußerst modernen, zukunftsweisenden Gebieten der Grundlagenforschung, in denen insbesondere die Interdisziplinarität eine bedeutende Rolle spielt. Mit der von Thomas Henning und Oliver Trapp ins Leben gerufenen HIFOL-Initiative (Heidelberg Initiative for the Origins of Life, siehe http://www.mpia.de/HIFOL) versucht das MPIA seit einigen Jahren, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Forschung in diesem Bereich zusammen zu bringen.

Weitere Informationen zum Thema finden sie auch in folgender Meldung:
http://www.mpia.de/aktuelles/wissenschaft/2017-10-rna-teiche

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