Der Quantenkosmos und die Physik von morgen

18. September 2013

Der Roelin-Preis für Wissenschaftspublizistik 2013 geht an Claus Kiefer, Universität Köln

Im Urknall, mit dem die Welt begann, die wir heute kennen, nahmen Raum und Zeit, Materie und Energie ihren gemeinsamen Anfang, und damals waren die vier Kräfte noch vereint, die heute ganz unterschiedliche Aspekte der Natur regieren. Heute ist die Welt hochgradig differenziert: Im Großen beherrscht die Gravitation die Struktur der Materie und deren Entwicklung in Raum und Zeit während im Kleinen elektromagnetische, starke und schwache Wechselwirkung die Eigenschaften der Atome, Kerne und Elementarteilchen bestimmen.

Zwar haben die große und die kleine Welt einen gemeinsamen Ursprung, aber die Physiker unserer Zeit benötigen zur Beschreibung eines jeden dieser beiden Bereiche eine eigene Theorie: Die Allgemeine Relativitätstheorie gilt für die Welt im Großen und deren Entwicklung, während für die Welt im Kleinen und deren beobachtete Struktur die Quantentheorie zuständig ist. Beide Theorien sind, jede in ihrem Bereich, hochgradig erfolgreich – nur leider sind sie in ihrem innersten Kern auf fundamentale Weise nicht miteinander verträglich. Heute weiß noch niemand, wie sich etwa die kontinuierliche Raumzeit der Relativitätstheorie in der Sprache der Quantenphysik beschreiben ließe.

Es gibt also noch kein einheitliches physikalisches Bild der gesamten Welt und ihres Ursprungs. Aber etliche der besten Köpfe ringen heute um die Lösung dieses »letzten« Geheimnisses – um eine einheitliche und bis in ihre tiefsten begrifflichen Wurzeln in sich konsistente Beschreibung der gesamten Welt.

Claus Kiefer hat selbst mit großem Erfolg an dieser hochaktuellen Front der Wissenschaft geforscht. Und er hat seine eigene Reise zum Anfang der Welt in einem mitreißenden Buch beschrieben:
Claus Kiefer: Der Quantenkosmos. Von der zeitlosen Welt zum expandierenden Universum.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2008.

Das Buch setzt beim Leser nur diejenigen Grundbegriffe der Schulphysik voraus, welche ein interessierter Abiturient auch nach Jahren noch in seinem Gepäck hat. Wer sich auf diese anspruchsvolle und faszinierende Lektüre einlässt sollte bereit sein, langsam zu lesen und ab und zu auch einmal zurückzublättern, um die geschilderten Zusammenhänge stets klar vor Augen zu haben. So wird er zur Erkundung des großen Baums der physikalischen Wissenschaft geführt, dessen Krone seit Beginn des 20. Jahrhunderts weiter ausgegriffen hat, und dessen Wurzeln heute tiefer dringen, als jemals zuvor – und dessen eigentliche Vollendung uns heute zum Greifen nahe zu sein scheint!
(Jakob Staude)


Mit dem Hanno und Ruth Roelin-Preis für Wissenschaftspublizistik werden Wissenschaftler und Wissen-schaftspublizisten ausgezeichnet, die einer breiteren Öffentlichkeit neue Erkenntnisse aus der Astronomie und Weltraumforschung besonders erfolgreich vermittelt haben.

Der Preis wird alle zwei Jahre vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg vergeben. Die Preisverleihung erfolgt auf der Herbsttagung der Astronomischen Gesellschaft, in diesem Jahr am 24. September in Tübingen.

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