Brauner Zwerg mit zirkumstellarer Scheibe

17. Juli 2002

Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg und Kollegen in Chile, Jena und Tautenburg haben einen sehr jungen Braunen Zwerg untersucht, der von einer zirkumstellaren Scheibe aus kühlem Staub und Gas umgeben ist. Daraus ergaben sich neue Einsichten über die Natur dieser Himmelskörper.

Braune Zwerge sind nur fast geglückte Sterne. Ihre geringe Masse – geringer als 75 Jupitermassen – reicht nicht aus, um in ihrem Zentrum den hohen Druck zu erzeugen, bei dem Wasserstoff wie bei den größeren Sternen kontinuierlich zu Helium verbrannt wird. Die Existenz der Braunen Zwerge wurde zwar schon 1963 postuliert, aber sie leuchten so schwach, dass ein erstes Exemplar nicht vor 1995 entdeckt wurde. Neue tiefe Durchmusterungen im nahen Infrarot, die mit Hilfe von Spezialteleskopen im Weltraum durchgeführt wurden, haben mittlerweile einige Hundert von ihnen zu Tage gefördert.

Die Frage ist nun: Wie entstehen Braune Zwerge? Einmal könnten sie wie die größeren Sterne aus Kollaps, Fragmentation und Verdichtung interstellarer Wolken entstehen. Dieser Prozess führt zur Bildung eines Zentralsterns, der für relativ kurze Zeit von einer zirkumstellaren Scheibe aus Gas und Staub umgeben ist. In dieser Scheibe kommt es sehr schnell (innerhalb weniger Hundert Millionen Jahre) zur Bildung eines Planetensystems – rechtzeitig, bevor sich die Scheibe auflöst. Wenn Braune Zwerge so entstehen, dann sollten die Jüngsten unter ihnen von einer zirkumstellaren Scheibe umgeben sein.

Ein zweiter Weg wäre: Wenn, wie es meistens der Fall ist, der Kollaps einer Wolke zur gleichzeitigen Bildung nicht bloß eines Einzelsterns führt, sondern eines dichten Schwarms, dann können die kleinsten unter ihnen, noch bevor ihre aufgesammelte Masse den zum Wasserstoffbrennen erforderlichen Wert erreicht hat, bei engen Begegnungen mit massereicheren Geschwistern aus dem Schwarm herauskatapultiert werden. Ein so entstandener Brauner Zwerg sollte höchstens eine unvollständig ausgebildete Scheibe besitzen.

Ein ditter Weg: Braune Zwerge entstehen wie die bekannten Planeten in zirkumstellaren Scheiben größerer Sterne. Durch Wechselwirkung mit anderen Sternen in einem dicht bevölkerten Sternentstehungsgebiet werden sie aus den Systemen herauskatapultiert, als deren Mitglieder sie entstanden sind. In diesem Fall sollten keine isolierten Braunen Zwerge zu finden sein, die von einer zirkumstellaren Scheibe umgeben sind.

Die zirkumstellaren Scheiben junger Sterne sind kühl, das gilt umso mehr für eventuelle Scheiben der an sich schon schwachen Braunen Zwerge. Will man also prüfen, ob Braune Zwerge solche Scheiben besitzen, so muss man nach deren Wärmestrahlung fahnden, die im mittleren infraroten Spektralbereich abgegeben wird.

Die Heidelberger Forscher Daniel Apai, I. Pascucci und Thomas Henning und ihre Kollegen haben neun bekannte Braune Zwerge unterschiedlichen Alters erstmals mit einem Teleskop am Boden im infraroten Spektralbereich untersucht. Dazu verwendeten sie das 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile. Solche Beobachtungen sind zwar extrem schwierig, aber sie erlauben detaillierte, reproduzierbare Messungen bei unterschiedlichen Wellenlängen. Nur zwei der neun Sterne konnten die Astronomen mit ihren extrem empfindlichen Messgeräten überhaupt nachweisen. Das Licht des älteren von ihnen (sein Alter wird auf etwa 500 Millionen Jahre geschätzt) enthielt keinerlei Anteile, die von einer zirkumstellaren Scheibe stammen könnten. Beim Jüngeren (geschätztes Alter: zwei bis vier Millionen Jahre) wurden die Forscher fündig: Die registrierten Strahlungsflüsse lassen auf die Anwesenheit einer gut ausgebildeten, flachen Scheibe aus Staub und Gas schließen.

Beide Ergebnisse zusammen sprechen dafür, dass Braune Zwerge auf ähnliche Art und Weise entstehen, wie normale Sterne, ihre massereicheren Geschwister: Bei ihrer Geburt sind sie von einer zirkumstellaren Scheibe umgeben, die sich im Laufe weniger Hundert Millionen Jahre auflöst.

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