Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2005 für Sebastian Wolf

29. März 2005

Sebastian Wolf vom Max-Planck-Institut für Astronomie (Heidelberg) erhält für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Planetenentstehung den Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgesellschaft.

Der mit 16000 € dotierte Heinz-Maier-Leibnitz-Preis wird an jährlich sechs junge Nachwuchswissenschaftler in Anerkennung deren herausragender Leistungen vergeben. Er soll die Preisträger darin unterstützen, ihre wissenschaftliche Laufbahn weiterzuverfolgen.

Die Mittel für den Preis werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt. Die Verleihung des Heinz Maier-Leibnitz-Preises findet am 6. Juni 2005 in Bonn statt.

Dem recht jungen Forschungsgebiet Planetenentstehung wird seit zehn Jahren durch die Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten um einen sonnenähnlichen Stern im Jahre 1995 ein besonderes öffentliches Interesse zuteil. Auch besitzt es einen besonderen Stellenwert im Rahmen der astronomischen Forschung. Nicht ohne Grund ist in der vor zwei Jahren erschienenen „Neue Denkschrift für Astronomie" festgehalten, dass die Erforschung der Planetenentstehung einen Schwerpunkt der astronomischen Forschung in Deutschland bilden soll.

Wie nähert man sich nun der komplexen Fragestellung danach, wie Planeten entstehen? Sebastian Wolf hat hierfür eine Strategie gewählt, welche auf einer Kombination von numerischen Simulationen einerseits und astronomischen Beobachtungen andererseits aufbaut. In beiden Fällen sind es die Orte der Planetenentstehung, so genannte „zirkumstellare" oder „protoplanetare" Scheiben, welche genauer untersucht werden müssen, wenn man den Prozess des Wachstums eines Planeten verstehen lernen möchte. Solche Scheiben, von der Größe des Sonnensystems, werden heutzutage als Nebenprodukt der Sternstehung verstanden. Obwohl diese Scheiben nur zu einem Prozent ihrer Masse aus Staubpartikeln bestehen (der Rest ist Gas), ist es eben dieser Staub, dem in den Untersuchungen wegen seiner einfachen Beobachtbarkeit eine besondere Bedeutung zukommt. Noch wichtiger ist jedoch, dass diese mikrometergroßen Staubpartikel höchstwahrscheinlich das Ausgangsmaterial für die Entstehung von Planeten darstellen.

Für die Untersuchung der Staubkomponente hat Sebastian Wolf ein Simulationsprogramm entwickelt, welches erstmals den Transport von Strahlung in den Staubscheiben um junge Sterne in allen drei Raumdimensionen nachzuvollziehen erlaubt. Diese Simulationen ermöglichen es, Vorhersagen für Beobachtungsgrößen zu machen, welche unter anderem das Wachstum von Staub zu Planetesimalen, der Vorstufe von Planeten, und später zu Planeten widerspiegeln. Solche Beobachtungsgrößen können unter anderem Spektren, Bilder, Polarisationskarten oder interferometrische Informationen zirkumstellarer Scheiben sein, die durch konkrete Beobachtungen ausgewählter junger Sterne überprüft werden können.

Eine solche Vorhersage ist beispielsweise, dass sich junge massereiche Planeten, vergleichbar mit Jupiter in unserem Sonnensystem, durch den warmen, dichten Staub in ihrer Umgebung und durch Lücken nachweisen lassen können, die sie entlang ihrer Umlaufbahn in einer Gasscheibe um den Stern hinterlassen. Für solche Beobachtungen wird das in wenigen Jahren in Betrieb gehende Atacama Large Millimeter Array (ALMA) in der chilenischen Atacama-Wüste zum Einsatz kommen können. Auch den Fragen, wie unterschiedlich geformte Staubkörner, klumpige räumliche Verteilungen des Staubes, Staubgröße und chemische Zusammensetzung der Partikeln das Erscheinungsbild protoplanetarer Scheiben beeinflussen können, wurde im Rahmen dieser Simulationen bereits nachgegangen.

Aber auch schon jetzt erlauben Beobachtungen protoplanetarer Scheiben einen Einblick in die ersten Schritte der Entstehung von Planeten. So konnte von Sebastian Wolf unter Zuhilfenahme der entwickelten numerischen Simulationen erstmals gezeigt werden, dass das Staubkornwachstum in der zirkumstellaren Hülle einer prominenten protoplanetaren Scheibe - um den so genannten „Butterfly Star" - schneller als in der zirkumstellaren Hülle dieses Objektes verläuft.

Die Staubkörner in der zirkumstellaren Scheibe sind bereits 100- bis 1000-mal so groß sind wie dies in der umgebenden dünnen Hülle der Fall ist, in welcher offenbar noch die ursprüngliche Staubpopulation vorliegt. Dieses Ergebnis untermauert die theoretischen Vorhersagen und basiert auf hochauflösenden Bildern, die in verschiedenen Wellenlängenbereichen mit verschiedenen Teleskopen gewonnen wurden, etwa dem Weltraumteleskop Hubble und dem Radioobservatorium im Owens Valley, Kalifornien.


Weitere Arbeiten von Sebastian Wolf auf dem Gebiet der Planeten- und Sternentstehung, die an dieser Stelle erwähnt werden sollen, betreffen Beobachtungen zum Entstehungsmechanismus von Doppelsternen, die Bestimmung der Stärke und Struktur von Magnetfeldern in ausgewählten dichten Molekülwolken, in welchen Sterne gerade erste entstehen, sowie die Vorbereitung und Durchführung der Analyse von Beobachtungsdaten des Weltraumteleskops Spitzer.


Weitere Informationen zum Heinz-Maier-Leibnitz-Preis
sind auf den Seiten der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu finden:

http://www.dfg.de/aktuelles_presse/preise/leibnitz_preis/index.html


Pressemitteilung der DFG:

http://www.dfg.de/aktuelles_presse/preise/leibnitz_preis/2005/index.html

http://www.dfg.de/aktuelles_presse/preise/leibnitz_preis/2005/wolf/


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