Astronomen bilden weltweites Konsortium für eine neuartige Kartierung des Himmels und den ersten »Film« über astronomische Objekte

6. Oktober 2006

Forscher der Max-Planck-Institute für Astronomie in Heidelberg und für Extraterrestrische Physik in Garching haben mit Kollegen aus den USA und Großbritannien ein Konsortium zur Nutzung eines hocheffizienten neuen Teleskops auf dem Berg Haleakala auf der Insel Maui (Hawaii) gebildet. Dieses Teleskop wird große Teile des Himmels wiederholt in mehreren Farben und mit hoher Empfindlichkeit kartieren – dabei wird der erste digitale »Film« entstehen, der zeitliche Veränderungen am Himmel festhält.

Das PanSTARRS1-Konsortium wird Daten vom 1.8-Meter-Teleskop PS1 der Universität Hawaii verwenden, in denen Milliarden neuer Sterne, Planeten, Galaxien und Objekte unseres Sonnensystems zu entdecken sind – darunter die unsere Erde gefährdenden »Killerasteroiden«. Aus diesen Daten wird die bisher umfassendste dreidimensionale Karte des Universums entstehen.

Zu dem Konsortium, das diese Daten sammeln und interpretieren wird, gehören die Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland, die University of Hawaii, das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und die Johns Hopkins University in den USA, sowie eine Gruppe von Universitäten in Großbritannien. Gemeinsam wird das Konsortium die notwendigen Messinstrumente, die Software für das Teleskop und die Datenauswertung, sowie die Betriebskosten für die Durchführung der Durchmusterung innerhalb von dreieinhalb Jahren bereitstellen.

Das Teleskop, dessen Hauptspiegel 180 cm Öffnung hat, wurde im Juni dieses Jahres in Betrieb genommen, durchläuft gegenwärtig die notwendigen technischen Tests, und wird 2007 voll einsatzbereit sein. Es wird bald mit der weltweit größten Digitalkamera ausgestattet sein, die zur Zeit an der Universität Hawaii unter der Leitung von John Tonry im Bau ist. Diese Kamera wird 1.4 Milliarden Pixel haben, etwa 300 Mal so viel wie eine normale Digitalkamera, und ihr Bildfeld wird 7 Quadratgrad groß sein. Dieses enorme Bildfeld, die hohe Empfindlichkeit der Detektoren und die insgesamt überragende optische Qualität des Systems werden eine wiederholte, schnelle Überdeckung des gesamten von Hawaii aus sichtbaren Himmels erlmöglichen.

Infolge dieses technologischen Durchbruchs bezüglich der Größe des Gesichtsfelds und der Anzahl der Bildelemente wird ein enormer Datenstrom von mehreren Terabytes pro Nacht anfallen, sodass neue Verfahren zur Verwaltung, Auswertung und Archivierung der Daten entwickelt werden müssen.

Die entstehenden Bilder, zu einer Karte und zu einem die zeitabhängigen Abläufe am Himmel festhaltenden »Film« zusammengesetzt, werden ein für lange Zeit wertvolles Archiv bilden, das nach Abschluss des Projekts allen Forschern weltweit für eine Vielfalt astrophysikalischer Forschungen dienen wird.

Auf der Grundlage dieser Daten werden Wissenschaftler der beiden Max-Planck-Institute eine Reihe von »Schlüsselprojekten« leiten:

  • Z. B. wird das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg die Suche nach extrasolaren Planeten leiten. Die PS1-Durchmusterung wird, mit ihren wiederholten Bildern der selben Himmelsareale, zur Entdeckung von etwa hundert jupiterähnlichen Planeten führen, die vor ihrem Zentralstern durchziehen und dabei dessen Helligkeit für kurze Zeit herabsetzen.

  • Das MPIA wird auch die Erstellung einer gänzlich neuartigen, dreidimensionalen Karte unseres Milchstraßensystems und seiner Umgebung leiten, zum besseren Verständnis der Entstehung und Entwicklung unserer kosmischen Heimat.

  • Das Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik (MPE) in Garching wird ein Projekt zur Erforschung der Dunklen Energie leiten, das auf der Entwicklung der großräumigen Verteilung massereicher Galaxien beruht. Die Dunkle Energie beschleunigt die Expansion des Universums und ihr Ursprung stellt möglicherweise die grundlegendste offene Frage der modernen Physik dar.

Die beim gesamten PanSTARRS-Projekt entstehende Datensammlung wird gewiss auch eine wervolle Grundlage für Nachbeobachtungen an den Großteleskopen bilden, z. B. am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) oder am Large Binocular Telescope in Arizona.

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