Galaxienbildung im Dunklen Universum

Internationale Tagung in Heidelberg – Öffentlicher Abendvortrag am 19. Juli

16. Juli 2007

Vom 16. bis 20. Juli 2007 tagen etwa 200 Astrophysiker aus aller Welt in Heidelberg, um ihre aktuellen Forschungsergebnisse zu einigen der spektakulärsten Fragen der modernen Astronomie vorzustellen und zu diskutieren: Wie sind die ersten Galaxien nach dem Urknall entstanden und wie hat sich das Universum zu dem entwickelt, was wir heute mit den größten Teleskopen beobachten?

Die Konferenz mit dem Titel »Galaxy Growth in a Dark Universe« wird gemeinsam vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) und dem Max-Planck-Institut für Astronomie Heidelberg (MPIA) organisiert und von zahlreichen Sponsoren unterstützt (siehe unten). In fast 70 Vorträgen präsentieren Astronomen die neusten Ergebnisse aus der Erforschung der Entstehung und Entwicklung von Galaxien, jenen Sternsystemen, zu denen auch unser Milchstraßensystem gehört.

Ein Universum voller Galaxien...
Galaxien, wie wir sie im heutigen, lokalen Universum beobachten, können eine sehr unterschiedliche Struktur und Größe haben. Auch dem Laien geläufig sind jene prächtigen spiralförmigen Systeme, die Durchmesser von mehr als 100 000 Lichtjahren erreichen können und sich aus mehreren hundert Milliarden Sternen ähnlich unserer Sonne zusammensetzen (vgl. Abb. 1). In diesen Spiralgalaxien entstehen – wenn auch in sehr geringem Umfang – aus riesigen Gas- und Staubwolken selbst heute noch neue Sterne. Doch es gibt auch gasarme elliptische Galaxien oder eine Vielzahl unstrukturierter Gebilde, die in großer Zahl auch als sogenannte Zwerggalaxien mit »nur« wenigen Tausend Lichtjahren Durchmesser das Universum bevölkern. 


Eine der zentralen Fragen der modernen Astronomie und Kosmologie ist deshalb, wann und wie sich die Galaxien aus der »Ursuppe« überhaupt gebildet haben.

...und doch ein dunkles Universum
Aus Beobachtungen weiß man heute, dass Materie und Energie im damals noch sehr kleinen Universum kurz nach dem Urknall vor knapp 14 Milliarden Jahren extrem gleichmäßig verteilt waren. Von enormer Bedeutung ist dabei die neulich gelungene Entdeckung, dass über 90 Prozent des Materie- und Energieinhalts des Universums von einer rätselhaften dunklen Materie und dunklen Energie abgedeckt werden. Rätselhaft deshalb, weil man z.B. bei der dunklen Materie nicht weiß, woraus sie besteht. Nur ihre Wirkung (die Gravitation) kann gemessen werden und ihr großer Anteil an der Gesamtmasse des Universums muss daher einen entscheidenden Einfluss auf die Strukturbildung im Kosmos gehabt haben. Das, was wir im All als Materie und Strahlung direkt sehen können, macht also nur wenige Prozent von dem aus, woraus das Universum wirklich besteht!
Berechnungen der Theoretiker zeigen, dass sich bereits 200 Millionen Jahre nach der Entstehung des Universums aus äußerst geringen und sich stetig verstärkenden Materieverdichtungen erste Sterne gebildet haben müssen. Umgerechnet auf das Durchschnittsalter eines Menschen von 50 Jahren war dies also bereits sieben Monate nach dessen Geburt der Fall.
Doch was geschah danach? Während Computersimulationen die Bildung der ersten Sterne sehr zuverlässig vorhersagen konnten, ist die Physik der Galaxienbildung offenbar sehr viel komplexer und nur schwer zu berechnen.

Neue Beobachtungen
Doch jüngste Beobachtungen mit den beiden Weltraumteleskopen HUBBLE und SPITZER, sowie dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte E SO , haben unser Verständnis über die »Kinderzeit« der Galaxien dramatisch verändert.
Auf der Heidelberger Tagung wird u.a. über die Entdeckung von Galaxien aus einer Zeit berichtet, als das Universum gerade mal eine Milliarde Jahre alt war, und dass manche dieser Galaxien massereiche Schwarze Löcher in ihren Zentren besitzen. Solche Beobachtungen sind den Astronomen möglich, indem sie besonders tief ins Universum blicken. Licht von sehr weit entfernten Sternen und Galaxien benötigt lange Zeit, um die Erde zu erreichen. Beobachtet man z.B. eine 10 Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie, so sieht man sie so, wie sie vor 10 Milliarden Jahren aussah. Um etwas über die Frühzeit des Universums zu lernen, muss man deshalb nach sehr weit entfernten Objekten suchen – eine große technische Herausforderung (vgl. Abb. 2)
Das bemerkenswerte an den gefundenen Galaxien ist, dass zumindest die zentralen Gebiete dieser sehr jungen Gebilde schon sehr weit entwickelt sind und Eigenschaften aufweisen, die denen alter Galaxien, wie man sie aus dem lokalen Universum kennt, sehr ähneln.
Eine Überraschung ist ebenfalls der weit entwickelte Zustand der massereichsten Galaxien zu einer Zeit, als das Universum erst ein Fünftel seines jetzigen Alters hatte.
So berichten Astronomen auf der Heidelberger Tagung auch über die Beobachtung junger großer Scheibengalaxien ähnlich unserer Milchstraße und dass viele dieser Galaxien schon zu dieser Zeit aufgehört haben, in großer Zahl neue Sterne zu produzieren. Andere Forscher fanden heraus, dass einige dieser Systeme um bis zu einem Faktor 10 kompakter sind, als heutige Galaxien.

 


Sind Explosionen der Schlüssel?
Es ist eine große Herausforderung für die Forschung, die Entwicklung von diesen ersten Galaxien zu den heutigen Sternsystemen zu verstehen. So muss z.B. ein Prozess gefunden werden, welcher den Galaxien das Gas entzieht und so dafür sorgt, dass die Sternenstehungsrate fast zum Erliegen kommt. Möglicherweise sind spektakuläre, hochenergetische Explosionen in den Zentren der Galaxien ein Schlüssel zur Lösung des Rätsels (vgl. Abb.3). Diese könnten durch Materie verursacht werden, die in ein super-massereiches Schwarzes Loch in den Zentren der Galaxien fällt. Diese Vorstellung würde zu der Beobachtung passen, dass fast alle Galaxien solche Schwerkraftmonster in ihrem Inneren besitzen.

 

An allen Beobachtungen, die den oben gezeigten Bildern zugrunde liegen, sind Heidelberger Astronomen beteiligt und z.T. die Projektleiter.


Passend zum Tagungsthema findet am Donnerstag, dem 19. Juli, um 20 Uhr in der Stadthalle in Heidelberg ein öffentlicher Abendvortrag statt. Prof. Dr. Hans-Walter Rix, Direktor am MPIA, präsentiert einen allgemein verständlichen Vortrag mit dem Titel »Wie es Licht wurde im Universum«. Der Eintritt ist frei.

Die Tagungsorganisation bedankt sich bei den Sponsoren der Veranstaltung, darunter die Klaus Tschira Stiftung, die die Teilnahme von Wissenschaftlern aus den osteuropäischen Ländern ermöglicht hat, sowie die Max-Planck-Gesellschaft, die Universität Heidelberg, der DFG-Sonderforschungsbereich 439, und die Verlage Springer und Schöning.


Pressekonferenz zur Tagung am 17. Juli 2007: Druckversion der Unterlagen für die Medien

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