Geschichte des Instituts

In den 1960er Jahren waren die Beobachtungsbedingungen in Deutschland aufgrund der Wetterbedingungen und der Lichtverschmutzung längst nicht mehr international konkurrenzfähig. Nur mit der Errichtung eines nationalen Observatoriums unter günstigen klimatischen Bedingungen, so die 1962 für die Deutsche Forschungsgemeinschaft erstellte »Denkschrift zur Lage der Astronomie«, würden die deutschen Astronomen Anschluss an die weltweite astronomische Forschung finden.

Ein solches Observatorium müsste an einem erstklassigen Beobachtungsstandort im Ausland eingerichtet werden; die nötige Unterstützung müsste ein geeignetes Mutterinstitut in Deutschland liefern.

Mit diesem Ziel wurde 1967 das Max-Planck-Institut für Astronomie gegründet. Gründungsdirektor wurde Hans Elsässer, der an der Erstellung der Denkschrift maßgeblich beteiligt gewesen war. 1975 konnte das Institut sein neues Gebäude auf dem Heidelberger Königstuhl beziehen, in unmittelbarer Nachbarschaft der Landessternwarte.

Nach ausgedehnten Sichtexpeditionen im Mittelmeerraum fiel 1970 die Entscheidung für den Standort des Observatoriums: der Calar Alto bei Almeria (Andalusien) in Spanien, der die besten meteorologischen Bedingungen auf dem europäischen Festland bietet.

1973 begann der Bau des unter der Trägerschaft der Max-Planck-Gesellschaft betriebenen Observatoriums, an dem von der Fertigstellung 1975 bis 1984 insgesamt fünf Teleskope in Betrieb genommen wurden. Die beiden größten, gebaut von C. Zeiss, Oberkochen, haben Spiegel von 2,2 bzw. 3,5 m Durchmesser.

Gegossen wurden die Spiegel von den Glaswerken Schott in Mainz aus der auch bei extremen Temperaturunterschieden extrem formbeständigen Keramik Zerodur, deren Herstellungsverfahren für diesen Zweck entwickelt wurden. Heute ist diese Keramik als Ceran-Kochfeld in vielen Küchen zu finden.

Heute betreibt das MPIA zusammen mit Partnern aus Deutschland, Italien und den USA den weiteren Ausbau des bereits in Betrieb befindlichen Large Binocular Telescope (LBT) und dessen Ausstattung mit Messinstrumenten. Das LBT steht auf dem 3190 Meter hohen Mount Graham bei Tucson, Arizona; es trägt auf seiner Montierung zwei Hauptspiegel mit je 8,4 Metern Durchmesser und ist damit das größte Einzelteleskop der Welt. Weiterhin ist das MPIA an der instrumentellen Ausrüstung und an der Nutzung des von ESO (European Southern Observatories) betriebenen Very Large Telescope (VLT) und des Very Large Telescope Interferometer (VLTI) auf dem Cerro Paranal in Chile maßgeblich beteiligt.

Im Herbst 2002 wurden erstmals zwei der vier 8,2 m-Spiegel des VLT so zusammengeschaltet, dass sie wie ein deutlich größeres Teleskop agieren konnten – mit dem unter der Leitung des MPIA von einem europäischen Konsortium gebauten Messgerät MIDI. Im Jahre 2015 wurde das interferometrische Instrument GRAVITY in Betrieb genommenen, das sogar alle vier UTs kombiniert und an dessen Konstruktion das MPIA ebenfalls beteiligt ist. Damit wurde 2018 bestätigt, dass die Sterne nahe des massereichen schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße von dessen Gravitation so beeinflusst werden, wie es die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein vorhersagt.

In den 2020er Jahren soll das Extremely Large Telescope (ELT) in Chile in Betrieb gehen – mit seinem Hauptspiegeldurchmesser von 39 Metern das größte Teleskop der Welt, das im optischen und infraroten Spektralbereich beobachtet. Auch das MPIA ist gleich an zwei Instrumenten, MICADO und METIS, für dieses außergewöhnliche Projekt beteiligt.

Durch Erfahrungen mit dem Ballonteleskop Thisbe in den 1970er Jahren waren die MPIA-Forscher in einer guten Position, als ab den 1980er Jahren die Ära der europäischen Weltraumteleskope begann. ISO, kurz für "Infrared Space Observatory" war eines der größten und erfolgreichsten wissenschaftlichen Projekte der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Das erstmals mit flüssigem Helium auf –271 °C gekühlte 60-cm-Teleskop wurde im Dezember 1995 von einer Ariane 44P in seine Umlaufbahn getragen, wo es bis April 1998 funktionsfähig blieb. Die Verantwortung für eine der vier Messvorrichtungen, das Infrarotphotometer ISOPHOT, lag beim MPIA.

Schon von Anfang an war das MPIA am nächsten europäischen Weltraumteleskop beteiligt, das zunächst FIRST (Far Infrared and Submillimetre Telescope) genannt wurde und ab dem Jahr 2000 Weltraumteleskop Herschel hieß und zwischen 2009 und 2013 das Weltall erforschte. Insbesondere engagierte sich das Institut in der Entwicklung, dem Bau, der Testkampagne sowie dem Betrieb des Instruments PACS.

Weitere Meilensteine sind die Konstruktion und der Bau von wichtigen Elementen der Instrumente MIRI und NIRSpec des am 25. Dezember 2021 gestarteten Weltraumteleskops James Webb sowie für das CGI (Coronagraphic Instrument) des Nancy Grace Roman Telescope, welches wahrscheinlich ab 2027 in Betrieb gehen wird. Das MPIA auch an der Mission Euclid beteiligt, dessen Start bereits konkret für 2023 vorgesehen ist. Zusammen mit dem immer noch funktionierenden Weltraumteleskop Hubble nutzen die Forschenden des MPIA alle diese Werkzeuge, um das Wissen über den Kosmos zu mehren.

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