Die Äquator-Falle: Warum die Suche nach Leben auf anderen Planeten schwieriger sein dürfte als gedacht

28. November 2017
Simulationen zeigen, dass die Suche nach Leben auf anderen Planeten schwieriger sein dürfte als bisher angenommen: Auf Planeten wie Proxima b oder TRAPPIST-1d könnten ungewöhnliche Strömungsmuster das atmosphärische Ozon vor Teleskopbeobachtungen verbergen. Ozon, ein aus drei Sauerstoffatomen bestehendes Molekül, wird als eine der möglichen Spuren von Leben auf einem anderen Planeten gesehen, die sich aus der Ferne nachweisen lassen.  Die Simulationen unter der Leitung von Ludmila Carone vom Max-Planck-Institut für Astronomie haben daher Konsequenzen dafür, wie sich am besten nach (sauerstofferzeugendem) Leben wie Bakterien oder Pflanzen auf Exoplaneten suchen lässt.
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Wie können wir hoffen, Leben auf einem Exoplaneten zu entdecken - also auf einem Planeten, der einen anderen Stern umkreist als die Sonne? Eine nach heutigem Wissensstand erfolgversprechende Suchstrategie lautet wie folgt: Untersuche die Atmosphäre eines Exoplaneten und identifiziere darin chemische Verbindungen, die typischerweise von Lebewesen produziert wurden. Dazu gehören in der Erdatmosphäre die dort vorhandenen großen Mengen an Sauerstoff. Doch nun haben Forscher unter der Leitung von Ludmila Carone vom Max-Planck-Institut für Astronomie herausgefunden, dass diese Spuren von Leben besser versteckt sein könnten, als bisher angenommen. 

Carone und ihr Team betrachteten einige der nächsten potenziell erdähnlichen Exoplaneten: Proxima b etwa, der den der Sonne am nächsten liegenden Stern (Proxima Centauri) umkreist, und den vielversprechendsten Planeten der TRAPPIST-1 Planetenfamilie, TRAPPIST-1d. Diese Planeten umkreisen ihre Sterne in so geringer Entfernung, dass "gebundene Rotation" vorliegen sollte: Die Schwerkraft, die zwischen Planet und Stern wirkt, dreht den Planeten in eine "bevorzugte Orientierung". Das Ergebnis ist ein Planet, dessen eine Seite immer dem Stern zugewandt ist ("ewige Tagseite") während die andere immer vom Stern abgewandt ist ("ewige Nacht").

Bei der Modellierung der Luftströmungen in den Atmosphären solcher Planeten fanden Carone und ihre Kollegen heraus, dass die ungewöhnliche Tag-Nacht-Teilung die Nachweismöglichkeiten für Leben auf solch einem Planeten merklich beeinflussen kann. Eine der chemischen Verbindungen, die in den aktuellen Suchstrategien eine Rolle spielen, ist Ozon – und Ozon, so zeigt sich, ist von den ungewöhnlichen Strömungsbedingungen betroffen. In der Erdatmosphäre bildet diese Verbindung die Ozonschicht, die uns vor der schädlichen UV-Strahlung der Sonne schützt. Auf einem fremden Planeten könnte Ozon, als eine molekulare Variante von Sauerstoff, ein Teil des Puzzles sein, das auf das Vorhandensein von sauerstoffproduzierenden Bakterien oder Pflanzen hinweist. 

Heißt das, wann immer wir kein Ozon beobachten, ist der Planet leblos? Nicht unbedingt, legen die Ergebnisse von Carone und ihrem Team nahe. Grund dafür sind großräumige Strömungen in der Planetenatmosphäre. Auf der Erde führen diese Strömungen aus den Äquatorregionen in Richtung der Pole, und sie helfen mit, das Ozon gleichmäßig über den gesamten Globus zu verteilen. Bei Planeten in gebundener Rotation kann das anders sein: Zumindest für Planeten, die ihrem Stern nahe genug sind, um ihn in 25 Tagen oder weniger zu umkreisen, führen die Hauptströmungen von den Polen in Richtung Äquator und bewirken, dass sich das Ozon lediglich in Äquatornähe sammelt.

Ludmila Carone sagt: "Auch wenn auf einem fernen Planeten kein Ozon nachgewiesen wird, muss das nicht bedeuten, dass es dort überhaupt keinen Sauerstoff gibt. Vielleicht haben wir schlicht am falschen Ort gesucht und das Ozon ist anderswo versteckt." Dieser Umstand muss berücksichtigt werden, wenn Strategien für die Suche nach Leben auf anderen Planeten formuliert werden. "Dass die Suche nach außerirdischem Leben nicht einfach werden würde, wussten wir von Anfang an", sagt Carone. "Wie schwierig sie tatsächlich wird, das beginnen wir gerade erst herauszufinden."

Wäre auf einem erdähnlichen Exoplanet mit einer Ozonschicht nur im äquatorialen Bereich, oder ganz ohne schützende Ozonschicht, überhaupt Leben möglich?

"Prinzipiell ja", sagt Carone. "Proxima b und die TRAPPIST-Planeten umkreisen rote Zwerge, rötliche Sterne, die allgemein nur sehr wenig schädliches UV-Licht emittieren. Andererseits können diese Sterne sehr temperamentvoll sein. Sie neigen zu heftigen Strahlungsausbrüchen, bei denen auch UV-Strahlung freigesetzt wird.

Es gibt viel, was wir noch nicht über diese roten Zwergsterne wissen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir in fünf Jahren viel mehr wissen werden." Bis dahin sollten sowohl Fortschritte in der Modellierung als auch die Verfügbarkeit deutlich besserer Daten wie denen des James Webb Space Telescope zu maßgeblichen Fortschritten führen.

Hintergrundinformationen

Die hier beschriebenen Ergebnisse wurden veröffentlicht in Carone et al., "Stratosphere circulation on tidally locked ExoEarths" in den Monthly Notes of the Royal Astronomical Society.

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Die beteiligten MPIA-Forscher sind Ludmila Carone und Thomas Henning in Zusammenarbeit mit Rony Keppens und Leen Decin (beide Katholieke Universiteit Leuven).

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