Hans-Walter Rix erhält ERC Advanced Grant im Umfang von 2.85 Mio Euro

26. April 2022

Hans-Walter Rix, Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und Leiter der Abteilung Galaxien und Kosmologie, hat einen der begehrten und hoch dotierten Förderpreise des Europäischen Forschungsrats - einen ERC Advanced Grant - erhalten. Sein Projekt mit dem Titel „Hunting Dormant Black Holes in the Galaxy“ (Deutsch: „Auf der Suche nach schlafenden Schwarzen Löchern in der Milchstraße“) wird mit 2.85 Mio Euro gefördert.
 

Schwarze Löcher zählen aufgrund ihrer exotischen Eigenschaften zu den geheimnisvollsten und spannendsten Objekten des Universums. Im Wesentlichen existieren zwei Arten dieser extrem dichten Gebilde: Zum einen die supermassereichen schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien wie unserer Milchstraße, die Millionen Sonnenmassen besitzen. Zum anderen die stellaren Schwarzen Löcher – Objekte, die nach den Modellen der Sternentwicklung am Lebensende besonders massereicher Sterne stehen. Vereinfacht gesagt kollabieren solche Sterne zu einem schwarzen Loch, wenn der Strahlungsdruck am Ende der nuklearen Energieproduktion ausbleibt und dem Zusammensturz der Restmasse des Sterns durch die Gravitation nichts mehr entgegenwirkt. Innerhalb eines bestimmten Abstandes um solche ultrakompakten Objekte ist die Gravitation so stark, dass selbst Licht nicht mehr entweichen kann. Von außen sind schwarze Löcher daher unsichtbar, verraten sich aber unter Umständen durch die Wirkung auf ihre Umgebung.

Folgt man nun gängigen Sternentwicklungsmodellen sollte es in unserer Heimatgalaxie, dem Milchstraßensystem, viele Millionen solcher stellaren Schwarzen Löcher geben. Doch nur etwa 20 Objekte sind einigermaßen sicher verifiziert. In engen Doppelsternsystemen können sie auf sich aufmerksam machen, falls sie Materie vom Nachbarstern aufsammeln (man spricht dann von Akkretion) und wenn bei diesem Prozess kurzwellige Röntgenstrahlung freigesetzt wird. Somit sind uns – interessanterweise im Gegensatz zu den ja viel weiter entfernten „großen“ Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien - von den relativ nahen stellaren Schwarzen Löchern unserer Milchstraße nur wenige Objekte bekannt.

Hans-Walter Rix: „Die zentrale Frage ist: stimmen die Vorhersagen eigentlich – haben wir tatsächlich die Entwicklung massereicher Sterne und die Bildung von solchen stellaren schwarzen Löchern verstanden? Falls ja, muss es zahlreiche „schlafende“ Objekte geben, die uns mangels Akkretionseffekten bislang verborgen blieben. Und solche wollen und können wir nun finden -  falls es sie denn tatsächlich gibt!“  

Der Schlüssel zum Erfolg des Projekts ist die gezielte Analyse einer riesigen, statistisch signifikanten Menge von Beobachtungsdaten. Im ERC-Projekt sollen mehr als eine halbe Million Spektren massereicher Sterne aus der SDSS-V-Himmelsdurchmusterung in neuartiger Weise analysiert werden. SDSS steht dabei für den Sloan Digital Sky Survey – die umfassendste dreidimensionale Kartierung des Himmels, die jemals gemacht wurde. Vor allem in den ersten Phasen des SDSS seit Beginn des Jahrtausends lieferte der Survey berühmt gewordene Daten zur großräumigen Verteilung der Galaxien im Universum. In den neueren Phasen rückt nun zunehmend auch die stellare Spektroskopie zur Untersuchung der Struktur unserer eigenen Milchstraße in den Mittelpunkt.

In Kombination mit Modellierungen sowie Messdaten der weltraumgebundenen Observatorien TESS und Gaia sollen mittels des SDSS-V nun „heiße“ Kandidaten für „schlafende“ stellare Schwarze Löcher identifiziert werden, die noch lebende Sterne umkreisen.
Denn durch die Kombination von Spektroskopie, Astrometrie (Positionsmessungen) und Photometrie (Helligkeitsmessungen) kann es gelingen, typische zeitliche Schwankungen der Relativbewegungen und Helligkeiten solcher Paare aus einem leuchtenden Stern und einem dunklen Begleiter – dem stellaren schwarzen Loch – zu identifizieren.
„Wenn die Theorie stimmt, sollten wir um die 100 neue Objekte entdecken“ so Hans-Walter Rix.

Das ERC-Projekt stellt somit eine grundlegende Überprüfung unserer momentanen astrophysikalischen Modelle zur Entwicklung massereicher Sterne und zur Bildung stellarer schwarzer Löcher dar. Dabei hat Hans-Walter Rix als SDSS-V Projektwissenschaftler selbst wesentlich Verantwortung dafür getragen, dass diese neuartige spektroskopische Durchmusterung des gesamten Himmels mit Schwerpunkt auf der Physik der Sterne und der Milchstraße realisiert werden konnte.

Der Europäische Forschungsrat (das European Research Council) hat für das neue ERC-Projekt nun 2.85 Millionen Euro bereitgestellt. Diese umfangreichen Mittel ermöglichen über die nächsten fünf Jahre u.a. die Einrichtung einer Arbeitsgruppe aus mehreren Doktoranden und Postdocs, die eng mit der Abteilung „Galaxien und Kosmologie“ von Hans-Walter Rix zusammenarbeiten wird.

Das ERC bietet verschiedene Förderprogramme im Rahmen seines Programms an und für alle Anträge auf Förderung gilt, dass sie die Exzellenz der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, vor allem aber die herausragende Bedeutung der beantragten Projekte belegen müssen.

Hans-Walter Rix ist seit 1999 Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und leitet die Abteilung Galaxien und Kosmologie (GC).

Pressemitteilung (engl.) des European Research Council

KJ/HWR

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