Seltenes Bild eines Super-Jupiters wirft neues Licht auf Planetenentstehung

19. November 2012

Einer Forschergruppe unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Astronomie ist mit dem Subaru-Teleskop eine seltene Aufnahme eines »Super-Jupiters« gelungen, der den massereichen Stern κ Andromedae umkreist. Der Gasriese hat etwa das 13fache der Masse des Planeten Jupiter, sein Mutterstern das 2,5-fache der Sonnenmasse. Alles deutet darauf hin, dass der Planet ähnlich entstanden ist wie normale Planeten mit geringerer Masse: in einer »protoplanetaren Scheibe« aus Gas und Staub, die den neugeborenen Stern umgab. Das macht die Entdeckung zu einem wichtigen Testfall für aktuelle Modelle der Planetenentstehung und ihre Vorhersagen zu Planeten um massereiche Sterne.

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Von den bislang bekannten knapp 850 Exoplaneten – Planeten, die andere Sterne umkreisen als die Sonne – existieren nur von einem kleinen Teil astronomische Aufnahmen. Die allermeisten Nachweise gelangen nur indirekt. Grund dafür ist, dass Sterne ungleich heller sind als ihre Planeten (typische Faktoren: eine Milliarde oder mehr) und ihre Planeten schlicht überstrahlen.

Jetzt ist einem Team von Astronomen, das von Joseph Carson geleitet wird (College of Charleston und Max-Planck-Institut für Astronomie) eine Aufnahme eines großen »Super-Jupiter« gelungen, der den massereichen Stern κ And (»Kappa Andromedae«) umkreist. Die Entdeckung nutzt das Subaru-Teleskop, ein 8 Meter-Spiegelteleskop auf dem Gipfel des Mauna Kea auf Hawaii, das vom japanischen Nationalobservatorium betrieben wird.

κ And ist ein sehr junger Stern, nur geschätzte 30 Millionen Jahre alt (Alter unserer Sonne: 5 Milliarden Jahre). Um die Aufnahme seines Begleiters κ And b ("Kappa Andromedae b") überhaupt gewinnen zu können, mussten die Astronomen sowohl bei der Beobachtung als auch bei der Auswertung ausgefeilte Instrumente und Methoden anwenden.

Als besondere Herausforderung kam hinzu, dass das neuentdeckte Objekt von seinem Mutterstern weniger als doppelt soweit entfernt ist wie Neptun von der Sonne – die meisten bisherigen Aufnahmen gelangen bei Exoplaneten, die noch deutlich weiter von ihrem Mutterstern entfernt sind.

Mit einer Masse von rund 13 Jupitermassen könnte das Objekt κ And b entweder ein Planet oder ein sehr leichter »Brauner Zwerg« sein, also eine Zwischenstufe zwischen Planeten und echten Sternen. Die verfügbaren Daten sprechen dafür, dass es sich um einen Planeten handelt.

Interessant ist an der Entdeckung vor allem, dass sich das Objekt um einen jungen, massereichen Stern bewegt. Zusammen mit der Information über den Abstand des Planeten von seinem Stern bedeutet das, dass sich das Objekt sehr wahrscheinlich so gebildet hat wie normale Planeten niedrigerer Masse: in einer protoplanetaren Scheibe aus Gas und Staub, die den jungen Stern während seiner frühesten Entwicklungsphasen umgeben hat.

In den vergangenen Jahren haben Beobachter und Theoretiker argumentiert, dass massereiche Sterne wie dieser auch mit größerer Wahrscheinlichkeit massereiche Planeten haben sollten, als es z.B. bei unserer Sonne der Fall ist. Andererseits gab es Bedenken, dass bei besonders massereichen Sterne gar nicht die richtigen Voraussetzungen für herkömmliche Planetenentstehung vorliegen könnten: Solche Sterne senden enorme Mengen an hochenergetischer Strahlung aus, die große Teile einer in Entstehung befindlichen protoplanetaren Scheibe schlicht zersetzen und zerstreuen könnte. Damit würden die üblichen Prozesse der Planetenentstehung stark behindert, vielleicht sogar unmöglich gemacht.

Die Entdeckung des Super-Jupiters κ And b legt jetzt nahe, dass zumindest Sterne bis zum zweieinhalbfachen der Sonnenmasse in protoplanetaren Scheiben große Planeten produzieren können – eine Schlüsselinformation für Forscher, die an Modellen der Planetenentstehung arbeiten.

Ein entscheidender Vorteil des direkten Nachweises ist, dass der Exoplanet unmittelbar weiteren astronomischen Beobachtungstechniken zugänglich ist, etwa der genauen Analyse seines Lichts mit Hilfe der Spektroskopie. Entsprechende weitere Untersuchungen des von κ And b über einen breiten Wellenlängenbereich hinweg ausgesandten Lichts sollen jetzt Daten zur chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre des Gasriesen liefern sowie helfen, seine Bahndaten genauer zu bestimmen und mögliche weitere Planeten nachzuweisen. Mit diesen zusätzlichen Informationen sollten sich sowohl die Einzelheiten der Entstehung des Jupiters nachvollziehen als auch allgemeinere Aussagen über die Planetenentstehung bei massereichen Sternen ableiten lassen.

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Hintergrundinformationen

Die Entdeckung wurde im Rahmen des Programms SEEDS gemacht (»Strategic Explorations of Exoplanets and Disks with Subaru«, wörtlich etwa die »Strategische Erkundung von Exoplaneten und Scheiben mit Subaru«). Die Beobachtungsdaten wurden mit Hilfe der astronomischen Hochkontrast-Kamera HiCIAO und der Infrarotkamera IRCS am Subaru-Teleskop auf Mauna Kea, Hawaii aufgenommen, das vom Japanischen Nationalobservatorium (National Astronomical Observatory of Japan, NAOJ) betrieben ist. Die SEEDS-Durchmusterung wird geleitet (PI) von Dr. Motohide Tamura (NAOJ). Erstautor des Fachartikels, in dem die Entdeckung publiziert wird, ist Dr. Joseph Carson vom College of Charleston (CofC) und vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Lokaler Co-PI des SEEDS-Programms am Max-Planck-Institut für Astronomie ist Prof. Dr. Thomas Henning.

Die hier beschriebenen Ergebnisse werden als J. Carson et al., »Direct Imaging Discovery of a 'Super-Jupiter' Around the late B-Type Star Kappa Andromedae« in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.
Preprint des Artikels

Die Koautoren sind J. Carson (College of Charleston [CofC] und Max-Planck-Institut für Astronomie [MPIA]), C. Thalmann (Universität Amsterdam und MPIA), M. Janson (Princeton University), T. Kozakis (CofC), M. Bonnefoy, B. Biller, J. Schlieder (alle MPIA), T. Currie, M. McElwain (beide Goddard Space Flight Center), M. Goto (Ludwig-Maximilians-Universität München), T. Henning, W. Brandner, M. Feldt (alle MPIA), R. Kandori (National Astronomical Observatory of Japan [NAOJ]), M. Kuzuhara (NAOJ und Universität Tokio), L. Stevens, P. Wong, K. Gainey (alle CofC), M. Fukagawa, Y. Kuwada (beide Universität Osaka), T. Brandt (Princeton University), J. Kwon (NAOJ), L. Abe (Université de Nice-Sophia Antipolis) , S. Egner (Subaru-Teleskop), C. Grady (Goddard Space Flight Center), O. Guyon (Subaru-Teleskop), J. Hashimoto (NAOJ), Y. Hayano11 (Subaru-Teleskop), M. Hayashi (NAOJ), S. Hayashi (Subaru-Teleskop), K. Hodapp (University of Hawaii), M. Ishii (Subaru-Teleskop), M. Iye (NAOJ), G. Knapp (Princeton University), T. Kudo (Subaru-Teleskop), N. Kusakabe (NAOJ), T. Matsuo (Universität Kyoto), S. Miyama (Universität Hiroshima), J. Morino (NAOJ), A. Moro-Martin (Instituto Nacional Técnica Aeroespacial, Madrid), T. Nishimura, T. Pyo (beide Subaru-Teleskop), E. Serabyn (Jet Propulsion Laboratory), H. Suto, R. Suzuki (beide NAOJ), M. Takami (Academia Sinica, Taiwan), N. Takato, H. Terada, D. Tomono (alle NAOJ), E. Turner (Princeton University und Universität Tokio), M. Watanabe (Universität Hokkaido), J. Wisniewski (University of Oklahoma), T. Yamada (Universität Tohoku), H. Takami (NAOJ), T. Usuda (Subaru-Teleskop) und M. Tamura (NAOJ).

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Fragen und Antworten

Woher kommen die Namen von Stern und Planet?
Die Konvention für helle Sterne wie κ And geht auf den deutschen Astronomen Johann Bayer aus dem 17. Jahrhundert zurück: Der zweite Teil ist die Abkürzung des lateinischen Namens des Sternbilds (hier And = Andromeda), während der erste Teil, ein griechischer Kleinbuchstabe, den Stern selbst bezeichnet. Die Buchstaben werden üblicherweise in etwa in der Reihenfolge absteigender Helligkeit vergeben. Mit Kappa als zehntem Buchstaben im griechischen Alphabet ist κ And in der Tat leuchtschwächer als die meisten (nicht alle) Sterne im gleichen Sternbild, die mit vorangehenden griechischen Buchstaben gekennzeichnet sind.

Die Planeten um einen Stern werden in der Reihenfolge ihrer Entdeckung mit lateinischen Kleinbuchstaben benannt, die an den Sternnamen angehängt werden. Angefangen wird dabei mit b; entsprechend hat der erste bei κ And entdeckte Planet die Bezeichnung κ And b.


Was sind die grundlegenden Eigenschaften des κ And-Systems?
κ And ist ein massereicher, heißer, junger Stern (Spektraltyp B9; geschätzte Masse zwischen 2,4 und 2,5 Sonnenmassen; Effektivtemperatur um die 10.000 Kelvin) im Sternbild Andromeda. Der Stern ist rund 170 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Sein Begleiter κ And b hat eine Masse von geschätzt 12,8 Jupitermassen. Geht man allein nach diesem Wert, so könnte es sich entweder um einen massereichen Planeten oder um einen sehr leichten Braunen Zwerg handeln. Vergleichsmessungen der Helligkeit von κ And b bei vier verschiedenen Infrarotwellenlängen zeigen allerdings eine Infrarot-Färbung ähnlich der einer Handvoll vergleichbarer Planeten, ebenfalls Gasriesen, um andere Sterne, von denen ebenfalls Aufnahmen gemacht werden konnten. Hinzu kommt, dass Modelle der Planetenentstehung vorhersagen, dass Wahrscheinlichkeit größerer Gasriesen mit der Sternmasse zunimmt; da κ And eine Masse zwischen 2,4 und 2,5 Sonnenmassen besitzt, ist die große Planetenmasse des Super-Jupiter nicht überraschend.

Für die Modelle der Planetenentstehung ist zweitrangig, ob sich κ And b diesseits oder jenseits der Grenze zwischen Planeten und Braunen Zwergen befindet. Carson et al. definieren den Begriff »Super-Jupiter« dementsprechend so weit, dass er beide Arten von Objekt einschließen kann, solange das Objekt nur auf ähnliche Weise entsteht wie die Planeten des Sonnensystems.

κ And b scheint seinen Mutterstern in einer Entfernung von mindestens dem 55-fachen des Erde-Sonne-Abstands (55 astronomische Einheiten) zu umkreisen. Allerdings gilt: So, wie Objekte je nach Blickwinkel verkürzt erscheinen können, wird auch der scheinbare Abstand eines Planeten von seinem Mutterstern in der Regel kleiner sein als der tatsächliche Abstand.

κ And dürfte ein Mitglied des Columba-Bewegungshaufens sein – einer Gruppe von Sternen, die sich vor rund 30 Millionen Jahren gemeinsam gebildet haben und sich seither auf ähnlichen Umlaufbahnen durch unsere Galaxis bewegen. Ein weiteres Mitglied der Gruppe ist der massereiche Stern HR 8799, dessen Planeten zu den ersten Exoplaneten gehören, von denen direkte Aufnahmen gelungen sind. Obwohl HR 8799 nicht annähernd soviel Masse besitzt wie κ And, kommen in diesem Planetensystem mehrere Gasriesen vor, deren Massen und Infrarotfärbung ähnlich der von κ And b sind.


Wie wurde das Bild des Planeten aufgenommen?
Auf einem einzelnen Infrarotbild würde der kleine Lichtpunkt von κ And b komplett vom Licht seines Muttersterns überstrahlt werden. Die Astronomen konnten das Licht des Planeten nur durch raffinierte Kombination zeitlicher Sequenzen von Einzelbildern herausfiltern, das sogenannte »Angular Differential Imaging« (ADI). Dabei wird ausgenutzt, dass sich die Orientierung des Teleskops relativ zum beobachteten Himmelsabschnitt über längere Beobachtungszeiten hinweg ändert; so lassen sich Streulicht und Planetenschein trennen. Nähere Informationen zu dieser Technik sind hier zu finden: http://www.mpia.de/homes/thalmann/adi.htm

κ And b ist einer von nur knapp 30 Planeten, von denen Astronomen direkte Aufnahmen haben anfertigen können. Der Super-Jupiter wurde im Januar und Juli 2012 in voneinander unabhängigen Beobachtungen bei vier verschiedenen Wellenlängen nachgewiesen. Der Vergleich der relativen Positionen zu diesen beiden Zeitpunkten hat gezeigt, dass κ And und sein Begleiter ihren Ort am Fixsternhimmel in genau der gleichen (winzigen) Weise ändern (»gemeinsame Eigenbewegung«, in diesem Falle von rund zwei Hunderttausendstel Grad pro Jahr). Das ist ein überzeugender Hinweis darauf, dass die Objekte in der Tat durch gemeinsame Schwerkraft aneinander gebunden sind.

Junge Planeten sind als Folge ihrer Entstehungsphase vergleichsweise heiß. κ And b hat eine Oberflächentemperatur von ungefähr 1700 K (rund 1400 Grad Celsius). Dass der Planet damit im Infrarotbereich vergleichsweise hell strahlt, macht junge Sternsysteme zu geeigneten Kandidaten bei der Suche nach Planeten, die sich direkt abbilden lassen.


Was ist an der Entdeckung besonders?
In Anbetracht der technischen Herausforderung ist jede direkte Abbildung eines Exoplaneten schon für sich genommen etwas Besonderes.

Die hier beschriebene Entdeckung ist aber vor allem wegen ihrer Bedeutung für die Planetenentstehung von Interesse: κ And ist, betrachtet man seine Eigenschaften und den Abstand des nun gefundenen Planeten, der bei weitem massereichste Stern, dessen Planet sich auf ähnliche Weise gebildet haben dürfte wie in unserem eigenen Sonnensystem.

Während es Bilder von Planeten um Muttersterne gibt, deren Massen auf noch höhere Werte geschätzt werden, handelt es sich dabei zumeist um Sterne in späteren Entwicklungsstadien (»jenseits der Hauptreihe«), oder um Begleiter, die in deutlich größerem Abstand umlaufen als die Planeten unseres Sonnensystems. Beide Umstände deuten darauf hin, dass die betreffenden Planeten anders entstanden sind als in unserem Sonnensystem, also nicht aus einer protoplanetaren Scheibe um den jungen Stern.


Welche Teleskope und Instrumente wurden für die Beobachtungen verwendet?
Die Beobachtungen wurden mit dem Subaru-Teleskop vorgenommen, dem Flaggschiff-Teleskop des Japanischen Nationalobservatoriums (National Astronomical Observatory of Japan, NAOJ): ein Spiegelteleskop mit 8,2 Metern Hauptspiegeldurchmesser. »Subaru« ist die japanische Bezeichnung für die Plejaden, den wohl bekanntesten offenen Sternhaufen.

Als astronomische Kameras kamen die Infrarotkamera IRCS und HiCIAO zum Einsatz, des »High-Contrast Coronagraphic Imager for Adaptive Optics« (wörtlich etwa der koronografischen Hochkontrast-Kamera für Adaptive Optik) HiCIAO ist für die Beobachtung von schwach leuchtenden Objekten in der Nähe von Sternen optimiert, etwa von Exoplaneten und protoplanetaren Scheiben. Es benutzt modernste Adaptive Optik: eine Technik, um Störeinflüsse, die sich beim Durchgang des Lichts ferner Himmelsobjekte durch turbulente Gebiete der Erdatmosphäre ergeben (»Sternfunkeln«), weitgehend auszugleichen. Außerdem kommt bei HiCIAO ein Mechanismus (Koronograf) zum Einsatz, der das Licht eines hellen Sterns weitgehend ausblended, um Untersuchungen benachbarter schwächer leuchtender Objekte zu ermöglichen.

Ende 2009 gelang mit HiCIAO die erste Aufnahme eines sehr kalten (»planetenartigen«) Braunen Zwergs in der Umgebung eines sonnenartigen Sterns (vgl. diese MPIA-Pressemitteilung). Anfang 2011 gelang der Kamera eine besonders detailreiche Aufnahme einer protoplanetaren Scheibe (vgl. diese MPIA-Pressemitteilung).

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