Erste Bilder des Vera C. Rubin Observatoriums
Die ersten Bilder des Observatoriums werden am 23. Juni 2025 um 17:00 MESZ veröffentlicht. Forschende der Max-Planck-Gesellschaft berichten von ihrer geplanten Forschung

Auf den Punkt gebracht
- Erste Bilder: Am 23. Juni 2025 veröffentlicht das Vera C. Rubin Observatorium seine ersten Teleskopaufnahmen, die den wissenschaftlichen Betrieb einleiten. Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind eingeladen, die Vorstellung der ersten Bilder hybrid am Haus der Astronomie in Heidelberg oder online zu verfolgen.
- Umfassende Himmelsdurchmusterung: Das Observatorium führt eine zehnjährige Vermessung des südlichen Himmels durch und untersucht neben dem Einfluss von dunkler Materie und dunkler Energie auf die Verteilung der Galaxien im Universum auch schnellebige Prozesse wie Sternexplosionen oder das Aufblitzen von Galaxienkernen, wenn diese Materie verschlucken.
- Teleskop der Rekorde: Mit einem 8,4-Meter-Teleskop und der größten Digitalkamera der Welt erfasst das Observatorium große Datenmengen.
- Beteiligung der Max-Planck-Gesellschaft: Astronominnen und Astronomen der Max-Planck-Gesellschaft tragen Rechte an den künftigen Daten des Observatoriums und geben Einblicke in ihre Forschungsziele.
Am Montag, den 23. Juni 2025 um 17:00 MESZ veröffentlicht das Vera C. Rubin Observatorium seine ersten Teleskopaufnahmen. Dieser „First Look“ ist ein Meilenstein auf dem Weg zum wissenschaftlichen Betrieb. Es sind eindrucksvolle Bilder zu erwarten, die die Leistungsfähigkeit des Observatoriums und seiner 3.200 Megapixel Kamera unter Beweis stellen werden, ähnlich zu den ersten Bildern des Euclid Weltraumteleskops noch bevor es mit seiner Durchmusterung des Himmels begann. Das Astronomische Rechen-Institut, das zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg gehört, und das Max-Planck-Institut für Astronomie sind an dem Projekt beteiligt und leisten Beiträge zur Softwareentwicklung. Sie erhalten dadurch bevorzugten Zugang zu den Daten des Teleskops. Zudem tragen eine Reihe von Astronominnen und Astronomen der Max-Planck-Gesellschaft bereits heute Rechte an Daten, die das Observatorium im Rahmen des Legacy Survey of Space and Time (LSST) aufzeichnen wird.
Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind eingeladen, die Vorstellung der ersten Bilder gemeinsam mit Forschenden des Astronomischen Rechen-Instituts und des Max-Planck-Institut für Astronomie hybrid am Haus der Astronomie in Heidelberg oder online zu verfolgen und mit den Expertinnen und Experten ins Gespräch zu kommen. Pressevertreterinnen und -vertreter melden sich dazu bis Sonntag, den 22. Juni 2025 per E-Mail an pr@mpia.de. Das First Look Event lässt sich auch über die Website des Observatoriums verfolgen.
Ein Teleskop der Rekorde

Das Vera C. Rubin Observatorium in Chile ist ein gemeinsames Projekt der US-amerikanischen National Science Foundation und des US Department of Energy’s Office of Science. Herzstück ist das 8,4-Meter Simonyi Survey Telescope, das mit der größten jemals gebauten Digitalkamera, der 3.200-Megapixel LSST-Kamera, ausgestattet ist. Die Kamera erfasst mit jedem Bild eine Fläche am Himmel, die mehr als der 40-fachen Fläche des Vollmonds entspricht. Dank der Schnelligkeit des Teleskopantriebs, wird das Vera C. Rubin Observatorium den südlichen Himmel alle drei bis vier Nächte vollständig abbilden. Die Himmelsdurchmusterung – Legacy Survey of Space and Time (LSST) genannt – wird zehn Jahre andauern und am Ende den gesamten einsehbaren Himmel etwa 800 mal abgebildet haben. Forschende erwartet ein Datensatz mit rund 40 Milliarden Himmelsobjekten, darunter Sterne der Milchstraße, ferne Galaxien und auch Objekte unseres Sonnensystems wie etwa Asteroiden.
Das Observatorium verbindet nicht nur hohe Sensitivität mit Schnelligkeit, auch die Computer-Infrastruktur ist neuartig. Dank dessen enormer Rechenleistung lassen sich jede Nacht etwa 20 Terabyte an Daten verarbeiten und dabei bis zu zehn Millionen Veränderungen der beobachteten Objekte am Himmel erfassen. „Wir erleben in dieser Dekade eine Transformation der Astronomie. Das Datenvolumen, das neue Teleskope aufzeichnen, ist beispiellos, auch dank eines Booms von Durchmusterungsteleskopen wie Vera Rubin“, sagt Esra Bulbul, Astronomin am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München. „Das macht es für uns Forschende der Astronomie und der theoretischen Astrophysik besonders spannend, denn die Menge an Daten und ihre immer höhere Präzision und Qualität wird uns wohl erlauben, ganz neue Physik zu entdecken.“
Die wissenschaftlichen Schwerpunkte decken sich mit dem Forschungsinteresse mehrerer Max-Planck-Institute und liegen unter anderem auf der Erforschung von dunkler Materie und dunkler Energie, einer Kartierung der Milchstraße sowie der Beobachtung kurzlebiger Phänomene wie Sternexplosionen, Asteroiden oder die Einverleibung von Sternen durch supermassereiche Galaxien.
Auf den Spuren der dunklen Materie
„Das Vera Rubin Teleskop wird meine Forschung in der Kosmologie stark bereichern“, sagt Esra Bulbul. „Das Observatorium hat ein weites Gesichtsfeld und einen tiefen Blick, es wird Milliarden von Galaxien bei enormen Entfernungen fotografieren. Mit den Daten studiere ich die größten Strukturen des Universums und wie sie sich seither entwickelt haben.“ So kommt Esra Bulbul den dunklen Bestandteilen des Universums auf die Spur, die etwa 95 Prozent des Universums ausmachen. Daten anderer Teleskope zeigen schon heute, dass es die unsichtbare Masse der dunklen Materie geben muss, die Galaxien und Galaxienhaufen durchdringt und die im Zaun hält. In den Daten des Vera C. Rubin Teleskops erhoffen sich Forschende bessere Hinweise darauf, wie dunkle Materie die Entwicklung von Galaxien und wie dunkle Energie die Ausdehnung des Universums beeinflussen. Hier zeigen sich Parallelen zur Forschung von Vera Rubin, der Namensgeberin des Observatoriums. Sie kam als eine der ersten dieser unsichtbaren Masse auf die Spur.
Erwachsene Galaxien im Kindergarten des Universums

Neben der großen Menge an Galaxien wird das Vera C. Rubin Observatorium diese auch zu großen Entfernungen hin sehen. Dank des großen Spiegels und der besonders empfindlichen Kamera, wird Eduardo Bañados vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg sehr junge Galaxien mit schwarzen Löchern im Zentrum untersuchen, die noch wachsen. „Das sind die Galaxien, die existierten, als das Universum noch ein Baby war – jünger als eine Milliarde Jahre.“ Da sich das Universum seither in alle Richtungen ausdehnt, findet Bañados diese Galaxien vor allem in sehr weiter Entfernung – so weit, dass ihr Licht viele Milliarden Jahre zur Erde unterwegs war. Forschenden ist es ein Rätsel, wie es sein kann, dass diese jungen Galaxien schon schwarze Löcher mit einer beträchtlichen Masse in ihren Zentren aufweisen. Denn laut gängiger Vorstellung wachsen schwarze Löcher, indem sie über eine lange Zeit Materie aus ihrer Umgebung an sich binden oder mit anderen schwarzen Löchern verschmelzen. „Eigentlich sollte für die jungen Galaxien nicht genug Zeit gewesen sein, in der relativ kurzen Zeit so schwer zu werden – teils sogar tausende Male schwerer als das schwarze Loch in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße“, sagt Bañados. „Es ist, als hätten wir ausgewachsene Erwachsene im Kindergarten entdeckt“. Bislang fehlen aber Langzeitbeobachtungen solcher Galaxien. „Das LSST liefert uns sogar einen kosmischen Film, mit dem wir nicht nur entfernte Galaxien finden, sondern auch ihren physikalischen Eigenschaften auf den Grund gehen können“, so Bañados. Das flackern des hellen Galaxiekerns etwa verrät, auf welche Art die zentralen schwarzen Löcher Materie verspeisen. Und vielleicht steckt darin ja die Erklärung für die enormen Wachstumsschübe, die manche schwarze Löcher und ihre Heimatgalaxien hingelegt haben müssen.
Wenn schwarze Löcher Sterne verschlucken

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Ein zentrales Ziel des Vera C. Rubin Observatoriums ist also neben der Kartierung von Sternen und Galaxien die Untersuchung zeitlich veränderlicher Phänomene am Himmel. Das Vera C. Rubin Observatorium wird nicht nur untersuchen, wie aktive Galaxienkerne flackern, sondern auch beobachten, wie Sterne explodieren, sogenannte Supernovae. Eine besondere Form der Explosion ist die Kilonova, hier kollidieren zwei Sternenleichen, kompakte Neutronensterne, und erzeugen dabei schwere Elemente wie etwa Gold. Bisher konnten aber nur wenige Kilonovae beobachtet werden. Das soll das Legacy Survey of Space and Time ändern.
Elias Mamuzic vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München interessiert sich für eine ganz besondere Form des Sternentods: Tidal Disruption Events. Hier kommt ein Stern einer supermassereichen Schwerkraftfalle im Zentrum ferner Galaxien so nah, dass die immensen Gezeitenkräfte des schwarzen Lochs ihn zerreißen. Die Überreste des Sterns sammeln sich in einer Scheibe um das schwarze Loch und füttern es über Wochen und Monate. Dabei blitzt das Zentrum der fernen Galaxie auf und kehrt erst nach Monaten zu seiner ursprünglichen Helligkeit zurück. „Es scheint, als würden uns bisher jede Menge dieser Ereignisse durch die Lappen gehen“, sagt Elias Mamuzic. „Indem wir einfach den gesamten Südhimmel fotografieren, versuchen wir jedes Event zu erwischen.“ Da im Rahmen der Himmelsdurchmusterung jeder Fleck alle drei bis vier Tage vor die Linse kommt, erlauben die gesammelten Daten auch nachzuvollziehen, wie das Tidal Disruption Event genau abläuft, insbesondere, wie groß eigentlich die Scheibe aus Gas ist, die sich um das schwarze Loch herum bildet.
Eine Ikone als Namensgeberin
Wie alle Wissenschaften war auch die Astronomie damals sogar noch stärker von Männern dominiert als heute. Trotzdem sind lange nicht alle Geschichten jener Frauen erzählt, ohne die das Forschungsfeld der Astronomie und die Raumfahrt heute nicht da wären, wo sie heute stehen.
In einem separaten Artikel erzählen wir die Geschichte von Vera C. Rubin und wie sie trotz erheblicher Widerstände von außen nicht aufgegeben hat. „Ihre Forschung hat unser Verständnis vom Universum grundlegend verändert, sie hat die dunkle Materie als Eckpfeiler der modernen Kosmologie mit etabliert“, sagt Esra Bulbul. „Vera Rubin ist seit langem eines meiner Vorbilder. Meine Studierenden und ich bauen heute auf ihrem Erbe auf und versuchen herauszufinden, was genau diese dunkle Materie eigentlich ist.“
BEU