ERC Consolidator Grant im Umfang von knapp 2 Mio Euro für Paul Mollière
Paul Mollière, Leiter der unabhängigen Forschungsgruppe für die Modellierung und Erforschung der Atmosphären von Exoplaneten in Laura Kreidbergs Abteilung „Astrophysik der Exoplaneten” am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, hat einen der begehrten und lukrativen Förderpreise des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten. Sein Projekt mit dem Titel „From photons to storms: Revealing the 3D structure of giant exoplanet atmospheres“ (zu Deutsch etwa: „Von Photonen zu Stürmen: Die 3D-Struktur der Atmosphären riesiger Exoplaneten entschlüsseln“) wird durch einen ERC Consolidator Grant mit fast 2 Millionen Euro gefördert werden.
Seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten – eines Planeten, der einen anderen sonnenähnlichen Stern umkreist – im Jahr 1995 wurden bis 2025 mehr als 6.000 solcher fremder Welten entdeckt. Trotz dieser großen Anzahl bekannter Exoplaneten ist die Untersuchung ihrer Atmosphären eine Herausforderung. Das liegt daran, dass das Signal, das die Atmosphäre solcher Planeten auf dem Detektor des Teleskops verursacht, im Vergleich zur hellen Emission seines Muttersterns winzig ist. Es gibt jedoch Methoden, mit denen dieses Signal sichtbar gemacht werden kann. Ein Beispiel ist die Untersuchung der Atmosphären von Exoplaneten während sogenannter Transits. Diese Methode nutzt die Tatsache, dass die Umlaufbahn eines Planeten zufällig so ausgerichtet sein kann, dass er von der Erde aus gesehen vor seinem Stern vorbeizieht – ähnlich wie es gelegentlich bei den Planeten Merkur und Venus in unserem Sonnensystem der Fall ist. Die periodische Abschwächung des Sternenlichts und die Art und Weise, wie sich diese Abschwächung mit der Wellenlänge (d. h. der Farbe des Lichts, in dem wir einen Transit beobachten) verändert, offenbart dann die Absorption von Molekülen in der Atmosphäre eines Exoplaneten.
Aber nicht nur Transits ermöglichen es uns, planetarische Atmosphären zu untersuchen, Astronominnen und Astronomen können eine Vielzahl von Ansätzen nutzen. In einigen Fällen kann beispielsweise die Emission des Planeten direkt sichtbar gemacht werden (d. h., es kann ein Bild des Planeten „neben seinem Stern“ aufgenommen werden). Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) können Astronomen atmosphärische Effekte detaillierter als je zuvor untersuchen, und die Situation wird sich noch weiter verbessern, sobald das Extremely Large Telescope (ELT) im Laufe dieses Jahrzehnts in Betrieb genommen wird. Dies ist äußerst interessant, da die Planeten in unserem Sonnensystem zeigen, dass planetarische Atmosphären komplexe 3D-Systeme sind, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Während wir dies bei unseren Planeten beeindruckend detailliert beobachten können, sind solche Beobachtungen bei Exoplaneten nicht möglich, da sie zu weit entfernt sind, um Bilder ihrer Oberflächen aufzunehmen – selbst mit den größten Teleskopen.
Informationen über die 3D-Struktur der Atmosphären von Exoplaneten sind jedoch in ihren Spektren kodiert. Beispielsweise können wir anhand zeitabhängiger Flussvariationen verfolgen, wie sich die Atmosphäre verändert, wenn sich ein Planet dreht. Bei solchen Messungen mit hoher spektraler Auflösung können wir auch sehen, wie sich molekulare Absorptionslinien im Laufe der Zeit verschieben und verformen, was aufgrund des bekannten Doppler-Effekts Windgeschwindigkeiten und Rotation in der Atmosphäre eines Planeten kodiert.
Diese Effekte sind bei Beobachtungen mit dem JWST und dem kommenden ELT mit hoher Signifikanz nachweisbar und eröffnen neue Möglichkeiten für die 3D-Untersuchung der Atmosphären von Exoplaneten. Die Beobachtungen werden es uns ermöglichen, die miteinander verflochtenen Prozesse aufzudecken, die die Dynamik der Atmosphäre bestimmen (wie Rotation, Strahlungsantrieb, Wolkenbildung und deren Strahlungsrückkopplung, Ungleichgewichtschemie, Luftwiderstand und vieles mehr).
Trotz dieser großartigen Beobachtungsaussichten gibt es keine Methoden, mit denen sich die 3D-Eigenschaften der Atmosphäre aus den oben genannten Beobachtungen zuverlässig extrahieren lassen. Genau das ist das Ziel des Projekts von Paul Molliere, das unter dem Akronym VORTEX vorgeschlagen wurde und nun vom ERC gefördert wird.
„Die eingehenden Daten sind so informationsreich, dass sie Modelle von so hoher Komplexität erfordern, dass modernste Analysemethoden unzumutbar lange Laufzeiten haben, während ihre Genauigkeit nicht ausreichend getestet ist. Hier kommt VORTEX ins Spiel: Durch den Aufbau eines starken und fokussierten Teams von Experten für atmosphärische 3D-Modellierung und das Fitten von Spektren und unter Nutzung der neuesten Entwicklungen im Bereich des maschinellen Lernens werden wir diese grundlegende Barriere überwinden und die Atmosphären von Exoplaneten in 3D charakterisieren“, sagt Paul Molliere.
Der Europäische Forschungsrat hat nun knapp 2 Millionen Euro für das VORTEX-Projekt für einen Zeitraum von fünf Jahren bewilligt. Das Projekt soll im Laufe des Jahres 2026 starten. Die umfangreiche Finanzierung ermöglicht es, ein spezielles Team unter der Leitung von Paul Mollière einzurichten, das an den Zielen von VORTEX arbeitet und aus zwei Postdocs und drei Doktoranden bestehen wird.
Der ERC bietet im Rahmen seines Programms verschiedene Förderprogramme an. Alle Förderanträge müssen die Exzellenz der beteiligten Wissenschaftler, vor allem aber die herausragende Bedeutung der vorgeschlagenen Projekte nachweisen.
Weitere Informationen:
Webseite von Paul Mollière
Pressemitteilung des ERC (engl.)
KJ/PM

