ERC Advanced Grant im Umfang von 2,49 Mio Euro für Hubert Klahr
Hubert Klahr, Leiter der Arbeitsgruppe Theoretische Astrophysik in der Abteilung Planeten- und Sternentstehung (PSF) am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, ist mit einem der hoch dotierten und sehr begehrten Förderpreise des Europäischen Forschungsrats ausgestattet worden. Sein Projekt mit dem Titel „Turbulence, pebbles and planetesimals: the origin of minor bodies in the solar system (Deutsch: Turbulenz, Kieselsteine und Planetesimale: der Ursprung der Kleinkörper im Sonnensystem)“ wird im Rahmen eines ERC Advanced Grant mit 2,49 Millionen Euro gefördert werden.
Neben der Sonne, den acht großen Planeten und deren Monden wimmelt es in unserem Planetensystem von Millionen kleineren Objekten auf nahezu allen Größenskalen. Neben feinstem Staub und kleinen Meteoriten tummeln sich auch zahlreiche Asteroiden, Kometen und Zwergplaneten in unserer kosmischen Heimat. Viele von Ihnen halten sich nur in bestimmten Bereichen des Sonnensystems auf und werden quasi in Familien klassifiziert. Beispiele sind die Kuipergürtel-Objekte in den äußeren Bereichen des Sonnensystems jenseits der Bahn des Neptun, die Trojaner, bei denen es sich um Asteroiden handelt, deren Bahnen an bestimmte Planeten gekoppelt sind, oder die schon seit weit über 200 Jahren bekannten „klassischen“ Planetoiden in der Lücke zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter.
Fast alle diese Kleinkörper des Sonnensystems haben etwas gemeinsam: sie sind offenbar übrig gebliebene Planetenbausteine mit Durchmessern von einigen Dutzend Kilometern, die man deshalb Planetesimale nennt. Die größten von Ihnen wuchsen durch Kollisionen und die Akkretion (das Aufsammeln) von mehreren Zentimetern großen Brocken, den so genannten „Pebbles“ (Deutsch: Kieselsteine), zu Planeten heran. (Die typischen Werte liegen bei Pebbles im Zentimeter- bis Dezimeter-Bereich, bei Planetesimalen im Bereich von zehn bis hundert Kilometern).
„Doch trotz ihrer immensen Bedeutung für die Frühgeschichte des Sonnensystems und damit auch für die Entstehung unserer Erde wissen wir immer noch nicht, wo und wann sie im ‚Sonnennebel‘ entstanden sind“, so Hubert Klahr. „Daher werden wir ein innovatives numerisches Experiment entwickeln, das drei Phasen der Planetesimalenbildung miteinander verbindet. Wir werden mit speziellen Methoden Turbulenzen untersuchen, maschinelles Lernen anwenden, um Kieselsteingrößen und Staubtrübungen zu analysieren, und die Elastizität und Porositätsentwicklung der sich bildenden Planetesimale erforschen.“
Hubert Klahr erhofft sich, damit gleich mehrere zentrale Fragen zu beantworten: Wie sahen die Größenverteilung der Kiesel aus und in welchem Bereich lag das charakteristische Turbulenzniveau im Sonnennebel? Wo und wann wurden Planetesimale gebildet und wie war ihre anfängliche Größenverteilung? Wie sahen die anfängliche Form und die innere Struktur der ursprünglichen Planetesimale aus?
„Mit diesem Projekt werden wir in der Lage sein, den Entstehungsprozess von Planetesimalen anhand von Beobachtungs- und Labordaten von Kleinkörpern im Sonnensystem zu kalibrieren, was einen Durchbruch bei der Rekonstruktion der Pebblegröße und der Umgebungsturbulenz während der Entstehung des Sonnensystems darstellen würde und unsere Heimatwelt mit der Vielfalt der Exoplaneten verbindet“, erläutert Hubert Klahr.
Und so bewertete das Komitee beim ERC seinen Projektantrag auch als „… ein ausgezeichnetes Vorhaben mit dem ehrgeizigen Ziel, die Bildung von Planetesimalen im Sonnennebel zu modellieren. Die Neuartigkeit des Projekts, die in der Entwicklung von Techniken und numerischen Werkzeugen besteht, die der gesamten Gemeinschaft zur Verfügung stehen werden, wird sehr geschätzt.“
Das European Research Council (der Europäische Forschungsrat) hat für das ERC-Projekt von Hubert Klahr nun 2,49 Millionen Euro bereitgestellt. Mit diesen umfangreichen Mitteln wird es auch möglich sein, über die nächsten fünf Jahre eine Arbeitsgruppe aus 2 Postdocs und 4 Doktoranden aufzubauen.
Das ERC bietet verschiedene Förderprogramme im Rahmen seines Programms an. Für alle Anträge auf Förderung gilt, dass sie die Exzellenz der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, vor allem aber die herausragende Bedeutung der beantragten Projekte belegen müssen.
Hubert Klahr ist anerkannter Experte auf dem Gebiet der numerischen Modellierung der physikalischen Prozesse in protoplanetaren Scheiben und seit über 20 Jahren am MPIA tätig.
Seit 2019 ist er Mitglied des Exzellenzclusters Strukturen der Universität Heidelberg.
KJ/HK/MN