ERC Advanced Grant im Umfang von über 2.4 Mio Euro für Eva Schinnerer

17. Juni 2025

Eva Schinnerer, Leiterin einer Arbeitsgruppe in der Abteilung Galaxien und Kosmologie (GC) von Hans-Walter Rix am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, ist mit einem der hoch dotierten und sehr begehrten Förderpreise des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, kurz: ERC) ausgestattet worden. Ihr Projekt mit dem Titel „Galaxy Centers: Understanding Star Formation in Extreme Environments (Deutsch: Galaxienzentren: Verständnis der Sternentstehung in extremen Umgebungen)“ wird im Rahmen eines ERC Advanced Grant mit knapp 2.44 Millionen Euro gefördert werden.
 

Eine erhöhte Sternentstehung in Galaxien verbindet man im klassischen Bild dieser Sternsysteme vor allem mit großen Spielgalaxien wie unserem Milchstraßensystem. Im Gegensatz zu elliptischen Galaxien zeichnen sich Spiralgalaxien durch einen erhöhten Anteil an Gas aus und die Gebiete solcher Sternentstehung verortet man meist in den Spiralarmen – und damit eher weit draußen in großen Distanzen von einigen 1000 oder 10000 Lichtjahren Entfernung von den Galaxienzentren. Mit immer besseren Beobachtungen findet man jedoch auch in vielen Objekten gasreiche Galaxienzentren.

Solche Gebiete wie die zentrale Molekülzone (CMZ) unserer eigenen Heimatgalaxie, der Milchstraße, gehören einerseits zu den am wenigsten erforschten Umgebungen für die Sternentstehung, zählen aber andererseits gerade zu den extremsten Umgebungen für diesen Prozess und machen sie aus astrophysikalischer Sicht hochinteressant. Denn diese Regionen sind von großräumigen Gasströmen, nuklearen Sternentstehungsgebieten und/oder aktiven Galaxienkernen beeinflusst.  Dies macht sie zu einzigartigen Laboren im lokalen Universum, um Sternentstehung bei höchsten Gas- und Sternmassenkonzentrationen, intensiven Strahlungsfeldern und vergleichsweise kurzen dynamischen Zeitskalen ((<50 Millionen Jahre) zu untersuchen.

CMZs sind mit Ausdehnungen von weniger als 1000 Parsec (1 Parsec entspricht 3.26 Lichtjahren) recht kompakt und unterliegen einer hohen Extinktion. Das bedeutet, das Strahlung aus ihrem Inneren im sichtbaren Spektralbereich des Lichts z.B. durch Staub sehr abgeschwächt wird und nur schwer beobachtet werden kann. Doch bei längeren Wellenlängen im Bereich des nahen und mittleren Infrarotlichts bis hin zum Submillimeterbereich sieht das anders aus. Genau das nutzt Eva Schinnerer in Ihrem Projekt aus.

Neue Möglichkeiten, die Untersuchung der CMZs entscheidend voranzutreiben, ergaben sich zum einen durch den Einsatz des James Webb Weltraumteleskops (JWST), welches im Infraroten in bisher nicht gekannter Auflösung beobachten kann. Zusammen mit dem ALMA Teleskop-Array in Chile, welches bei noch längeren Wellenlängen im Sub-Millimeterbereich beobachtet und welches die nötige Empfindlichkeit und räumliche Auflösung hat, um die zugrundeliegende Gasverteilung zu kartieren, wollen wir im Rahmen des ERC-Projekts die Daten von 37 nahegelegene Galaxien aus einer gut charakterisierten Stichprobe untersuchen“, sagt Eva Schinnerer.

Die Daten wurden im Rahmen der von ihr geleiteten PHANGS-Studie gewonnen. PHANGS steht für „Physics at High Angular resolution in Nearby GalaxieS“ – Physik bei hohen Auflösungen in nahen Galaxien. Hier hatte sie in einer Reihe von Beobachtungskampagnen mit ALMA, JWST und auch dem Hubble Teleskop (HST) einen absolut einzigartigen Datensatz mit einer bisher unerreichten räumlichen Auflösung von 5–30 Parsec in den jeweiligen Zentren von – kosmisch betrachtet – relativ nahen Galaxien in Distanzen von einigen Millionen Parsec erzielt.

„Durch die detaillierte Analyse dieser Daten wird die Basis für weitere, dringend erforderliche Beobachtungen geschaffen, um schließlich die momentan diskutierten Theorien zur Sternentstehung unter extremen CMZ-Bedingungen zu überprüfen. Variiert die Sternentstehung auf sehr kurzen Zeitskalen durch die extremen lokalen Bedingungen? Oder reguliert doch die großräumigere Umgebung der Galaxienzentren eine eher moderate, stabile Sternbildung? Es sind zentrale Fragen wie diese, die wir im Rahmen des ERC-Projekts beantworten möchten“, so Eva Schinnerer.

Das European Research Council hat für das Projekt von Eva Schinnerer nun knapp 2.44 Millionen Euro bereitgestellt. Mit diesen umfangreichen Mitteln wird es auch möglich sein, ab Oktober 2025 flexibel eine Arbeitsgruppe aufzubauen, die beispielsweise aus Stellen für vier Postdocs über vier Jahre bestehen könnte.

Das ERC bietet verschiedene Förderprogramme im Rahmen seines Programms an.  Für alle Anträge auf Förderung gilt, dass sie die Exzellenz der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, vor allem aber die herausragende Bedeutung der beantragten Projekte belegen müssen.

Eva Schinnerer ist anerkannte Expertin im Bereich der beobachtenden extragalaktischen Astrophysik und seit vielen Jahren am MPIA tätig.

 

Weitere Informationen:

Webseite von Eva Schinnerer

Pressemitteilung des ERC (engl.)

Text: KJ/ES

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