Rubin: Erste Standbilder des umfangreichsten astronomischen Zeitraffer-Films veröffentlicht
Das Vera C. Rubin Observatorium – ein US-Projekt unter anderem mit Heidelberger Beteiligung – hat der Öffentlichkeit heute spektakuläre erste Bilder präsentiert. Die astronomischen Bildmotive wurden so gewählt, dass sie deutlich die Stärken des Observatoriums zeigen: In kürzester Zeit über eine große Himmelsregion hinweg bis in große Distanzen blicken zu können.

Das von der amerikanischen National Science Foundation und dem U.S. Department of Energy finanzierte Vera C. Rubin Observatory soll das Universum so zeigen, wie nie zuvor: Als „Himmels-Film“, also nicht nur in Form astronomischer Standbilder, sondern als eine so hintereinander aufgenommene Folge von Bildern, dass sichtbar wird, wie sich bestimmte Himmelsobjekte mit der Zeit verändern. Der Film zeigt einen Großteil des von Chile aus sichtbaren Himmels, allerdings im Zeitraffer, knapp alle 5 Tage ein neues Bild: die Durchmusterung, die den Namen Legacy Survey of Space and Time (LSST) trägt, soll jede Region am Südsternhimmel innerhalb der nächsten 10 Jahre rund 800 Mal beobachten.
Jetzt hat das Rubin-Observatorium zwar noch keinen ersten Filmausschnitt, aber immerhin erste Bilder veröffentlicht, die die Stärken der eingesetzten Teleskop-Kamera-Kombination zeigen. Das 8,4-Meter-Simonyi-Survey-Teleskop am Rubin-Observatorium ist mit der LSST-Kamera ausgerüstet – der größten Kamera, die je gebaut wurde. Benannt wurde das Observatorium nach der Astronomin Vera C. Rubin, die den ersten überzeugenden Nachweis für Dunkle Materie erbracht hat.
Internationale Unterstützung – auch aus Heidelberg
Mit 20 TB an Bilddaten pro Beobachtungsnacht und am Ende 17 Milliarden erfassten Einzelsternen und 20 Milliarden fernen Galaxien ist es ein immenses Unterfangen, die verfügbaren Daten so aufzuarbeiten, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft sie für ihre Forschungen nutzen kann. Dafür setzt das Observatorium auf internationale Zusammenarbeit: die LSST Discovery Alliance besteht aus internationalen Einrichtungen, die sich an der Analyse und Auswertung des Rubin-Datenschatzes beteiligen und dafür exklusive Vorab-Zugriffsrechte auf die entsprechenden Bilder erhalten.
Sowohl das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg als auch das Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg sind Mitglieder der LSST Discovery Alliance, und bringen sowohl Software-Entwickler*innen als auch wissenschaftliches Personal mit ein, das zu Auswertung und Aufbereitung der Daten beiträgt.
Veränderungen auf allen Größenskalen

Der Trifidnebel Messier 20 ist ein farbenfroher Gasnebel in 5000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Schütze. Dunkle Staubbahnen teilen das von blauem Leuchten umgebene rosa Leuchten von Wasserstoffgas in drei Teile – daher der Name. Unterhalb des Trifidnebels befindet sich der Lagunennebel Messier 8, der sich mit 4000 Lichtjahren in etwas geringerer Entfernung befindet.
Mit Unterstützung ihres Exklusiv-Vorab-Zugriffs wollen die Heidelberger Forscher*innen eigene Forschungsfragen beantworten. Eine Reihe der hiesigen Projekte bleibt dabei innerhalb unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Rubins Zeitraffer-Aufnahmen ermöglichen es beispielsweise, veränderliche Sterne zu vermessen, also Sterne, deren Helligkeit mit der Zeit (systematisch) schwankt. Die Verteilung solcher Sterne im Raum wiederum liefert wichtige Informationen über den Aufbau unserer Milchstraße.
Andere Heidelberger Projekte betreffen besonders ferne Objekte: sogenannte aktive Galaxienkerne, bei denen der Einfall von Materie auf das zentrale supermassereiche Schwarze Loch einer fernen Galaxie zu extrem hellen Leuchterscheinungen führt. Rubins Zeitraffer kann die Helligkeitsschwankungen solcher Objekte genau verfolgen. Das erlaubt Rückschlüsse darauf, was in aktiven Galaxienkernen vor sich geht. Und immer einmal wieder sollte sich auf diese Weise verfolgen lassen, wenn ein Stern einem jener supermassereichen Schwarzen Löcher zu nahe kommt und von der extrem starken Gravitation zerrissen wird!
Die Heidelberger Forscher*innen suchen außerdem nach Mikrogravitationslinsenereignissen, sowohl in der Milchstraße als auch in entfernten Galaxien. Dabei scheinen ferne Objekte zeitweise hell auf, weil eine zwischen ihnen und uns befindliche Masse ihr Licht bündelt. In unserer Milchstraße sollen auf diese Wese isolierte schwarze Löcher und Exoplaneten gefunden werden. In entfernten Galaxien helfen Mikrogravitationslinsenereignisse, die Struktur von Quasaren zu verstehen.
Vom Trifid-Nebel zum Galaxienhaufen
Für das Rubin-Observatorium sind die genannten Beispiele nur ein Ausschnitt aus den vielfältgen Anwendungen Zeitraffer-Messungen, die von der Entdeckung von Asteroiden und Kometen über den Nachweis von Supernova-Sternexplosionen bis hin zur Entdeckung ferner leuchtschwacher Galaxien neue Erkenntnisse in so gut wie allen Teilbereichen der modernen Astronomie liefern sollen.
Die jetzt veröffentlichten Bilder zeigen jedenfalls sehr deutlich, was die Einzelaufnahmen der Teleskop-Kamera-Kombination zu leisten vermögen: Eine Rubin-Aufnahme des Virgo-Galaxienhaufens zeigt, wie detailreich und lichtstark ferne Objekte im Rahmen der jetzt anlaufenden Durchmusterung abgebildet werden können. Eine farbenfrohe Aufnahme von Trifid-Nebel und Lagunen-Nebel macht plastisch, welche reichhaltige Farbinformationen die insgesamt sechs Farbfelder, in denen Rubin arbeitet, beinhalten.