Zwei Max-Planck-Forschende erhalten ERC Advanced Grant
Millionenförderung für Projekte zur Pflanzenentwicklung und Galaxienforschung

Auf den Punkt gebracht:
- Europäische Spitzenförderung: Zwei Max-Planck-Forschende erhalten einen ERC Advanced Grant – die höchstdotierte Einzelförderung des Europäischen Forschungsrats.
- Forschung zu Pflanzen und Galaxien: Ausgezeichnet werden Projekte zur klonalen Fortpflanzung bei Pflanzen und zur Sternentstehung in extremen galaktischen Umgebungen.
- Starke Konkurrenz durch UK-Rückkehr: Seit der Wiederassoziierung Großbritanniens zu Horizon Europe ist der Wettbewerb verschärft – dennoch zählt die MPG weiter zu den forschungsstärksten Einrichtungen Europas.
In der aktuellen Ausschreibungsrunde des Europäischen Forschungsrats (ERC) wurden europaweit 281 von insgesamt 2534 eingereichten Anträgen mit einem ERC Advanced Grant gefördert – das entspricht einer Erfolgsquote von rund 11 Prozent. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) war mit zwei erfolgreichen Anträgen vertreten. Von 13 eingereichten Projektskizzen wurden zwei bewilligt – eine Erfolgsquote von rund 15 Prozent.
Damit liegt die MPG im europäischen Vergleich auf Platz acht. Besonders stark schnitten Forschungseinrichtungen aus dem Vereinigten Königreich ab, das mit 56 geförderten Projekten an der Spitze steht. Seit Anfang 2024 ist Großbritannien wieder assoziiert zum EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe – britische Einrichtungen können damit wieder ERC-Anträge einreichen. Die meisten ERC Advanced Grants in Deutschland gingen in diesem Jahr an Universitäten. Die MPG bleibt jedoch weiterhin eine feste Größe im Wettbewerb um europäische Spitzenförderung.
Klonale Pflanzenvermehrung im Fokus
Miltos Tsiantis, Direktor am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln, erhält die ERC-Förderung für sein Projekt „CLONAL“. Ziel ist es, die Grundlagen der klonalen Fortpflanzung durch Wurzelausläuferbildung aufzuklären – ein bislang wenig erforschter Mechanismus pflanzlicher Vermehrung.
Dabei geht es um einen Prozess, bei dem einzelne Wurzelzellen ihr Entwicklungsprogramm spontan ändern und ohne Befruchtung neue Pflanzenexemplare hervorbringen. Diese Fähigkeit ist faszinierend, aber bisher kaum untersucht – vor allem, weil geeignete experimentelle Modelle fehlen. In „CLONAL“ wird ein neues Modellsystem auf Basis von Arabidopsis etabliert. Darüber hinaus nutzt das Projekt natürliche Unterschiede zwischen verwandten Arten, um die genetischen Steuermechanismen hinter der Zellumprogrammierung aufzudecken. Zum Einsatz kommen genetische Verfahren, Einzelzellanalysen und hochauflösende Bildgebung.
„Diese Förderung ermöglicht es uns, die genetischen Grundlagen der Zellumprogrammierung zu untersuchen, die zur asexuellen Fortpflanzung führt“, sagt Miltos Tsiantis. „Die Erkenntnisse aus diesem Projekt werden dazu beitragen, grundlegende Fragen in der Entwicklungsbiologie zu beantworten – und könnten langfristig auch für die Nutzpflanzenforschung relevant sein.“
Sternentstehung in extremen Umgebungen verstehen
Eva Schinnerer, Arbeitsgruppenleiterin in der Abteilung Galaxien und Kosmologie am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wird für ihr Projekt „Galaxy Centers: Understanding Star Formation in Extreme Environments“ mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet. Sie erhält dafür rund 2,44 Millionen Euro.
Im Zentrum des Projekts steht die Frage, wie Sterne in den dichten, gasreichen Zentren von Spiralgalaxien entstehen – Regionen, die lange als eher untypische Umgebungen für Sternentstehung galten. Diese sogenannten zentralen Molekülzonen (CMZs) zeichnen sich durch hohe Gas- und Sternendichten, starke Strahlungsfelder und kurze dynamische Zeitskalen aus. Trotz ihrer extremen Bedingungen sind sie bislang wenig untersucht – unter anderem wegen hoher Extinktion im sichtbaren Licht.
Eva Schinnerer nutzt für ihr Projekt Beobachtungsdaten im Infrarot- und Submillimeterbereich, unter anderem vom James Webb Space Telescope (JWST) und dem ALMA-Observatorium. Im Fokus stehen dabei 37 nahegelegene Galaxien, die im Rahmen der von ihr koordinierten PHANGS-Kollaboration beobachtet wurden. Durch die hochaufgelösten Daten lassen sich nun Sternentstehungsprozesse unter Extrembedingungen systematisch untersuchen.
„Wir wollen herausfinden, ob lokale Extreme zu kurzzeitiger, intensiver Sternentstehung führen – oder ob die großräumige galaktische Umgebung eher stabilisierend wirkt“, sagt Eva Schinnerer.
„Unser Ziel ist es, zentrale theoretische Modelle zur Sternentstehung in CMZs mit präzisen Daten zu überprüfen.“ Mit der ERC-Förderung wird Schinnerer ab Oktober 2025 eine neue Forschungsgruppe aufbauen, unter anderem mit vier Postdoc-Stellen über vier Jahre.