Webb-Teleskop weist Kohlendioxid in der Atmosphäre eines Exoplaneten nach
Das JWST läutet mit dem ersten eindeutigen Nachweis von Kohlendioxid in einer Planetenatmosphäre außerhalb unseres Sonnensystems eine neue Ära der Exoplanetenforschung ein.
Mit Hilfe des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) hat ein internationales Team von Astronomen, darunter Laura Kreidberg vom MPIA, Infrarotlicht gemessen, das durch die Atmosphäre eines heißen Gasriesen in 700 Lichtjahren Entfernung gefiltert wurde. Das Transmissionsspektrum des Exoplaneten WASP-39 b ist ein Dreiklang von Neuerungen: Die erste offizielle wissenschaftliche Beobachtung eines Exoplaneten durch Webb, das erste detaillierte Spektrum eines Exoplaneten, das diesen Bereich der Nahinfrarotfarben abdeckt und der erste unbestreitbare Nachweis von Kohlendioxid in der Atmosphäre eines Planeten, der einen fernen Stern umkreist. Die Ergebnisse zeigen, dass Webb in der Lage ist, Schlüsselmoleküle wie Kohlendioxid auf einer Vielzahl von Exoplaneten aufzuspüren - auch auf kleineren und kühleren Gesteinsplaneten - und damit Einblicke in die Zusammensetzung, Entstehung und Entwicklung von Planeten in der gesamten Galaxie zu gewinnen.

WASP-39 b ist ein heißer, aufgeblähter Gasriesenplanet mit der 0,28-fachen Masse des Jupiters (0,94-mal Saturn) und einem 1,3-mal größeren Durchmesser als Jupiter, der nur 0,0486 Astronomische Einheiten (7.270.000 km) von seinem Stern entfernt kreist. Der Stern WASP-39 ist nur geringfügig kleiner und weniger massereich als unsere Sonne. Weil er so nah an seinem Stern ist, ist WASP-39 b sehr heiß und wahrscheinlich in einer durch Gezeitenkräfte gebundenen Rotation, bei der eine Seite immer dem Stern zugewandt ist.
Die Daten von Webbs Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) zeigen eindeutige Hinweise auf Kohlendioxid in der Atmosphäre. Gleichzeitig weisen frühere Beobachtungen von Hubble, Spitzer und anderen Teleskopen auf das Vorhandensein von Wasserdampf, Natrium und Kalium hin. Der Planet hat wahrscheinlich Wolken und irgendeine Form von Wetter, aber möglicherweise keine atmosphärischen Bänder wie die von Jupiter und Saturn.
Diese Illustration basiert auf indirekten Transitbeobachtungen von Webb sowie anderen erdgebundenen und Weltraumteleskopen. Webb hat kein direktes Bild von diesem Planeten aufgenommen.
Das James Webb Weltraumteleskop (JWST), das von der NASA, der ESA und der CSA betrieben wird, hat den ersten eindeutigen Nachweis für Kohlendioxid in der Atmosphäre eines Planeten außerhalb des Sonnensystems erbracht. Diese Beobachtung eines Gasriesenplaneten, der einen 700 Lichtjahre entfernten sonnenähnlichen Stern umkreist, liefert wichtige Erkenntnisse über die Zusammensetzung und Entstehung des Planeten. Das Ergebnis, das zur Veröffentlichung in der Zeitschrift Nature akzeptiert ist, ist auch ein Hinweis auf die einzigartige Fähigkeit von Webb, Kohlendioxid in den dünneren Atmosphären kleinerer Gesteinsplaneten zu entdecken und zu messen.
WASP-39 b ist ein heißer Gasriese mit einer Masse von etwa einem Viertel der des Jupiters (etwa so viel wie Saturn) und einem 1,3-mal größeren Durchmesser als Jupiter. Seine extreme Ausdehnung hängt teilweise mit seiner hohen Temperatur zusammen (etwa 900° Celsius oder 1170 Kelvin). Im Gegensatz zu den kühleren, kompakteren Gasriesen in unserem Sonnensystem umkreist WASP-39 b seinen Stern in unmittelbarer Nähe - nur etwa ein Achtel der Entfernung zwischen Sonne und Merkur - und vollendet einen Umlauf in etwas mehr als vier Erdtagen. Die Entdeckung des Planeten, über die bereits 2011 berichtet wurde, basierte auf bodengestützten Entdeckungen des schwachen, periodischen Abdunkelns des Sternenlichts, wenn der Planet einen Transit vor dem Stern vollzieht, also vor ihm vorbeizieht.
Frühere Beobachtungen durch andere Teleskope, darunter die Weltraumteleskope Hubble und Spitzer, wiesen Wasserdampf, Natrium und Kalium in der Atmosphäre des Planeten nach. Die unübertroffene Infrarotempfindlichkeit des JWST hat nun auch das Vorkommen von Kohlendioxid auf diesem Planeten bestätigt.
Gefiltertes Sternenlicht

Ein Transmissionsspektrum wird erstellt, indem das Sternenlicht, das durch die Atmosphäre eines Planeten gefiltert wird, wenn er sich vor den Stern bewegt, mit dem ungefilterten Sternenlicht verglichen wird, das erfasst wird, wenn sich der Planet neben dem Stern befindet. Jeder der 95 Datenpunkte (weiße Kreise) auf diesem Diagramm stellt den Anteil einer bestimmten Wellenlänge des Lichts dar, der von dem Planeten blockiert und von seiner Atmosphäre absorbiert wird.
Dieses Spektrum ist das Ergebnis der Messung der Helligkeitsveränderung der einzelnen Wellenlängen im Laufe der Zeit, während der Planet seinen Stern umkreist. Die Atmosphäre des Planeten absorbiert einige Wellenlängen stärker als andere. Wellenlängen, die von der Atmosphäre absorbiert werden, erscheinen als Spitzen im Transmissionsspektrum. Der Anstieg bei 4,3 Mikrometern steht für das Licht, das von Kohlendioxid (CO2) absorbiert wird.
Die grauen Linien, die sich über und unter jedem Datenpunkt erstrecken, sind Fehlerbalken, die die Messunsicherheit oder den angemessenen Bereich der tatsächlich möglichen Werte angeben. Für eine einzelne Beobachtung ist der Fehler bei diesen Messungen extrem gering.
Die blaue Linie ist ein bestmögliches Modell, das die Daten, die bekannten Eigenschaften von WASP-39 b und seinem Stern (z. B. Größe, Masse, Temperatur) sowie die angenommenen Eigenschaften der Atmosphäre berücksichtigt. Die Forscher können die Parameter des Modells variieren – z. B. unbekannte Eigenschaften wie die Wolkenhöhe in der Atmosphäre und die Häufigkeit verschiedener Gase – um eine bessere Anpassung zu erhalten und besser zu verstehen, wie die Atmosphäre wirklich beschaffen ist. Das Modell geht davon aus, dass der Planet hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium besteht, mit geringen Mengen an Wasser, Kohlendioxid und einem dünnen Wolkenschleier.
Das Team beobachtete den Planeten mit dem NIRSpec PRISM Zeitserienmodus für helle Objekte. Dabei wird das Licht eines einzelnen hellen Objekts (wie z.B. des Sterns WASP-39) durch ein Prisma aufgefächert und die Helligkeit der einzelnen Wellenlängen in bestimmten Zeitabständen gemessen.
WASP-39 b ist ein heißer, gasförmiger Exoplanet, der einen etwa 700 Lichtjahre entfernten, sonnenähnlichen Stern im Sternbild Jungfrau umkreist. Der Planet kreist außergewöhnlich nah um seinen Stern (weniger als 1/20 der Entfernung zwischen Erde und Sonne). Er vollendet eine Umkreisung in etwas mehr als 4 Erdtagen. Die Entdeckung des Planeten, die auf bodengestützten Beobachtungen beruht, wurde 2011 bekannt gegeben. Der Stern WASP-39 hat ungefähr die gleiche Größe, Masse, Temperatur und Farbe wie die Sonne.
Die Hintergrundgrafik von WASP-39 b und seinem Stern basiert auf den aktuellen Erkenntnissen über den Planeten aus der Webb-Spektroskopie und früheren boden- und weltraumgestützten Beobachtungen. Webb hat noch kein direktes Bild des Planeten oder seiner Atmosphäre aufgenommen.
Transitplaneten wie WASP-39 b, deren Umlaufbahnen wir nicht von oben, sondern von der Seite beobachten, bieten Astronominnen und Astronomen ideale Möglichkeiten, die Planetenatmosphäre zu untersuchen. Während des Transits verdeckt der Planet einen Teil des Sternenlichts, was zu einer generellen Verdunkelung führt. Ein kleinerer Teil des Lichts passiert die Atmosphäre des Planeten.
Da verschiedene Gase unterschiedliche Kombinationen von Farben absorbieren, können Forscherinnen und Forscher kleine Helligkeitsunterschiede des durchgelassenen Lichts über ein Spektrum von Wellenlängen analysieren, um genau zu bestimmen, woraus eine Atmosphäre besteht. Die Kombination aus aufgeblähter Atmosphäre und häufigen Transits macht WASP-39 b zu einem idealen Ziel für die Transmissionsspektroskopie.
Erster eindeutiger Nachweis von Kohlendioxid
Das Forschungsteam hat für seine Beobachtungen von WASP-39b den Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) des Teleskops James Webb verwendet. Als Mitglied eines europäischen Konsortiums lieferte das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg die Mechanismen der Filter- und Gitterräder, die NIRSpec zur Aufspaltung des Lichts in Wellenlängen verwendet. Im resultierenden Spektrum der Atmosphäre des Exoplaneten ist der geringe Helligkeitsanstieg zwischen 4,1 und 4,6 Mikrometern für Exoplanetenforscher alles andere als unbedeutend. Es ist der erste klare, detaillierte und unbestreitbare Nachweis von Kohlendioxid, der jemals auf einem Planeten außerhalb des Sonnensystems entdeckt wurde.
„Als die Daten auf meinem Bildschirm erschienen, hat mich das riesige Kohlendioxid-Signal sofort begeistert“, sagt Zafar Rustamkulov, Doktorand an der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, und Mitglied des Transit-Exoplaneten-Teams. „Es war ein besonderer Moment, der eine wichtige Schwelle in der Exoplanetenforschung überschreitet.“
Kein Observatorium hat jemals zuvor so feine Helligkeitsunterschiede zwischen so vielen einzelnen Farben im Bereich von 3 bis 5,5 Mikrometern in einem Transmissionsspektrum eines Exoplaneten gemessen. Der Zugang zu diesem Teil des Spektrums ist entscheidend für die Messung der Häufigkeit von Gasen wie Wasser, Methan und Kohlendioxid, die Astronomen auf vielen verschiedenen Exoplaneten vermuten.

Diese Beobachtung wurde mit dem NIRSpec PRISM Zeitserienmodus für helle Objekte gemacht. Dabei wird das Licht eines einzelnen hellen Objekts (wie dem Stern WASP-39) mit einem Prisma aufgefächert und die Helligkeit jeder Wellenlänge in bestimmten Zeitabständen gemessen.
Um diese Daten zu erfassen, hat Webb mehr als 8 Stunden lang auf das WASP-39-Sternsystem geblickt, beginnend etwa 3 Stunden vor dem Transit und endend etwa 2 Stunden nach dem Transit. Der Transit selbst dauerte etwa 3 Stunden. Jede Kurve enthält 500 einzelne Helligkeitsmessungen – etwa eine pro Minute.
Obwohl alle Farben bis zu einem gewissen Grad durch den Planeten blockiert werden, werden einige stärker abgeschwächt als andere. Der Grund dafür ist, dass verschiedene atmosphärische Gase unterschiedliche Mengen verschiedener Wellenlängen absorbieren. Das führt dazu, dass jede Farbe eine leicht unterschiedliche Lichtkurve hat. Während des Transits von WASP-39 b ist das Licht mit einer Wellenlänge von 4,3 Mikrometern nicht so hell wie das Licht mit 3,0 oder 4,7 Mikrometern, weil Kohlendioxid es absorbiert.
„Die Entdeckung eines so deutlichen Signals von Kohlendioxid auf WASP-39 ist ein gutes Zeichen für die Entdeckung von Atmosphären auf kleineren, erdgroßen Planeten“, sagt Natalie Batalha von der University of California in Santa Cruz, USA, die das Team leitet.
Die Zusammensetzung der Atmosphäre eines Planeten zu verstehen ist wichtig, weil sie uns etwas über den Ursprung des Planeten und seine Entwicklung verrät. Kohlendioxidmoleküle sind empfindliche Indikatoren für die Geschichte der Planetenentstehung. Wissenschaftler können ermitteln, wie viel festes und wie viel gasförmiges Material diesem Gasriesenplaneten während seiner Entstehung zugeführt wurde.
„Dieser eindeutige Nachweis von CO2 ist ein wichtiger Meilenstein für die Charakterisierung der Atmosphäre von Exoplaneten“, erklärt MPIA-Direktorin und Co-Autorin Laura Kreidberg. „CO2 ist ein wichtiger Indikator für die Entstehungsgeschichte von Planeten: Es hilft uns, das komplette Kohlenstoff- und Sauerstoffinventar der Atmosphäre zu messen, das sehr empfindlich auf die Bedingungen in der Scheibe reagiert, in der der Planet entstanden ist.“ Mit Hilfe der CO2-Messung können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel den ursprünglichen Entstehungsort des Planeten, die Eigenschaften der eingebrachten Feststoffe und Gase sowie die spätere Wanderung des Planeten besser eingrenzen.
Early Release Science
Die NIRSpec-Beobachtung von WASP-39 b ist nur ein Teil einer umfassenderen Untersuchung. Sie umfasst die Beobachtung des Planeten mit mehreren Instrumenten und die Messung von zwei anderen Transitplaneten. Die Studie, die Teil des Early Release Science (ERS)-Programms ist, wurde entwickelt, um der Exoplaneten-Forschungsgemeinschaft so schnell wie möglich robuste Webb-Daten zur Verfügung zu stellen.
„Das Ziel ist es, die Early Release Science-Beobachtungen schnell zu analysieren und quelloffene Werkzeuge zu entwickeln, die die Wissenschaftsgemeinschaft nutzen kann“, erklärt Vivien Parmentier von der Universität Oxford, Großbritannien. „Das ermöglicht Beiträge aus der ganzen Welt und stellt sicher, dass die bestmögliche Wissenschaft aus den kommenden Jahrzehnten der Beobachtungen hervorgeht.“
„Es freut mich sehr, dass wir im Rahmen des Early Release Science Programms des JWST den endgültigen Nachweis von Kohlendioxid auf dem heißen Jupiter erbringen konnten. Das Teleskop hat von Anfang an spektakuläre Ergebnisse versprochen, und die hat es nun auch geliefert“, sagt MPIA-Direktorin Laura Kreidberg. „Die Exoplaneten-Gemeinschaft sucht schon seit Jahrzehnten nach der Signatur von Kohlendioxid. Mit den außergewöhnlichen neuen Fähigkeiten von JWST wird es möglich sein, Kohlendioxid sowohl auf heißen Jupitern als auch auf kleineren, kühleren Planeten, die unserer Erde ähneln, routinemäßig nachzuweisen. Ich bin stolz auf das Forschungsteam aus Hunderten von Astronominnen und Astronomen, die seit über fünf Jahren zusammenarbeiten, um von Anfang an das Beste aus dem JWST herauszuholen“, so Kreidberg abschließend.
Weitere Informationen
Das Team besteht aus 131 Astronominnen und Astronomen von 81 Forschungseinrichtungen. Vom MPIA sind beteiligt: Laura Kreidberg, Thomas Henning, Luigi Mancini, Thomas Mikal-Evans, Karan Molaverdikhani, Maria E. Steinrück und Sebastian Zieba.
Diese Pressemitteilung ist eine Adaption des Originals des Space Telescope Science Institute (STScI).
MN